Weltraumforschung:Ein rätselhafter Ring aus Dunkler Materie

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Astronomen haben mit dem Weltraumteleskop Hubble einen riesigen Ring aus Dunkler Materie aufgespürt. Nun hoffen sie, mehr über die rätselhafte Substanz zu erfahren.

Ein internationales Astronomenteam hat mit dem Weltraumteleskop Hubble in einem fünf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen einen Ring Dunkler Materie entdeckt, wie das europäische Hubble-Zentrum in Garching bei München berichtet.

Eine Hubble-Aufnahme zeigt einen Ring Dunkler Materie. Ihre Verteilung ist leuchtend blau dargestellt, da die rätselhafte Substanz unsichtbar ist. (Foto: Foto: dpa)

Dunkle Materie findet sich im Universum mindestens fünf mal häufiger als gewöhnliche Materie, aus der Sterne und Planeten aufgebaut sind. Forscher rätseln aber darüber, woraus sie besteht: So lässt sie sich nur indirekt nachweisen, weil sie kein sichtbares Licht und keinerlei elektromagnetische Strahlung aussendet. Einzig über ihre Schwerkraft macht sie sich bemerkbar - diese verzerrt das Licht von dahinter liegenden Galaxien. Die Astronomen vergleichen das mit dem verzerrten Abbild von Kieselsteinen am Boden eines Teichs, in den ein Steinchen geworfen wurde.

Auf diese Weise stießen die Forscher um James Jee von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore auf den Ring: Sie nahmen den Galaxienhaufen ZwCl0024+1652 im Sternbild Fische ins Visier und entdeckten dabei eigentümliche Verzerrungen. Zunächst glaubten sie, es handle um einen Abbildungsfehler.

Dunkle Materie verzerrt das Licht

Die genaue Analyse zeigte dann, dass die Verzerrungen von der Schwerkraft eines riesigen Rings Dunkler Materie verursacht werden, der vermutlich in einer gigantischen Kollision zweier Galaxienhaufen entstanden ist. "Obwohl unsichtbare Materie schon in anderen Galaxienhaufen gefunden wurde, ist sie noch nie so stark getrennt von den Galaxien und dem heißen Gas der Galaxienhaufen aufgespürt worden", sagte Jee.

Der Ring aus Dunkler Materie hat einen Durchmesser von 2,6 Millionen Lichtjahren. Seine Entstehung erklären die Astronomen so: Als die Galaxiehaufen kollidierten, prallte auch deren Dunkle Materie aufeinander. Nachdem sie sich im Zentrum zusammengezogen hatte, wurde sie wie bei einem Rückschlag wieder ins All hinausgeschleudert. Die Gravitation wirkte dieser Bewegung entgegen - aus dem Kampf der beiden Kräfte bildete sich die ringförmige Struktur heraus.

Eine ähnliche Beobachtung hatten andere Forscher im vergangenen Jahr bei einer weiteren Galaxienhaufenkollision gemacht. Bei diesem Zusammenstoß, der von der Erde aus von der Seite zu sehen ist, trennte sich das heiße, gewöhnliche Gas beider Galaxienhaufen von den Galaxien und der Dunklen Materie.

In dem jetzt beschriebenen Zusammenstoß, der genau von vorne zu sehen ist, entstand ein offensichtlich isolierter Ring aus reiner Dunkler Materie. Die Forscher hoffen nun, aus der Beobachtung mehr über das Schwerkraftverhalten der rätselhaften Substanz zu erfahren. "Die Natur macht ein Experiment für uns, das wir nicht im Labor machen können", sagte Jees Universitätskollege Holland Ford.

Dunkle Materie gilt als die große Unbekannte, die hinter dem Zusammenhalt unserer Galaxien stecken könnte. Denn viele Galaxien rotieren mit einer so hohen Geschwindigkeit, dass sie nach den Berechnungen Newtons und Einstein auseinander fallen müssten. Die meisten Astrophysiker sehen deshalb die Dunkle Materie als eine Art Schwerkraftverstärker, der für die Stabilität von Galaxien unerlässlich ist.

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