Weltraumforschung:Alkohol und Blausäure

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Wissenschaftler ermitteln, was sich im Staub des Kometen Tempel 1 so alles findet. Dazu hatten sie den Himmelskörper mit einem Kupferprojektil beschossen.

Von Alexander Stirn

Der Zusammenprall des Kometen Tempel 1 mit einem von der Raumsonde Deep Impact abgeschossenen Projektil hat gewaltig Staub aufgewirbelt: Nach der Kollision am Montagmorgen breitet sich eine halbkugelförmige Wolke aus Gas und Staub über dem Kometenkern aus. Die herausgeschleuderten Teilchen sind dabei zwischen 500 und 1000 Stundenkilometer schnell. Die Wolke selbst hat mittlerweile einen Durchmesser von 30 000 Kilometern erreicht, berichtet Michael Küppers vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung im niedersächsischen Katlenburg-Lindau. Da Staub und Gas das Sonnenlicht stark streuen, erschien Tempel 1 nach dem Einschlag siebenmal so hell wie zuvor.

Erste Analysen des Keck-Teleskops auf Hawaii deuten darauf hin, dass in der Wolke nicht nur Wasser, sondern auch verschiedene organische Moleküle anzutreffen sind. Unter anderem habe man Spuren von einfachem Alkohol (Methanol) und von Blausäure entdeckt, sagt Gero Rupprecht. "Inzwischen geht der Komet langsam wieder zur Tagesordnung über", so der Astronom an der Europäischen Südsternwarte Eso in Garching. Die Staubteilchen verteilen sich und werden vom Sonnenwind in den Schweif des Kometen gedrückt. Auch die Helligkeit nimmt bereits wieder ab. Trotzdem werden die großen Teleskope der Eso in Chile auch in den kommenden Nächten weiter auf Tempel 1 gerichtet sein.

Auf Umwegen ins Ziel

"Die spannende Zeit für die Wissenschaft beginnt erst danach - wenn alle Daten vorliegen und sich die unterschiedlichen Teams zusammensetzen", sagt Rupprecht. Dann sollen Aufnahmen im sichtbaren Licht, im infraroten und im Röntgenbereich ein detailliertes Bild des Kometen liefern. Auch die Sonde Deep Impact, die in 500 Kilometer Entfernung am Kometenkern vorbeiflog, hat noch längst nicht alle Analysen übermittelt.

Was bereits vorhanden ist, begeistert indes die Forscher. So hat das anfliegende Projektil drei Sekunden vor dem Aufprall sein letztes Bild zur Erde gefunkt - in einer Höhe von etwa 30 Kilometern über dem Kometenkern. Damit lassen sich noch Strukturen ausmachen, die weniger als vier Meter groß sind.

Und das, obwohl in den Stunden vor dem Aufschlag nicht alles rund lief. Wie jetzt bekannt wurde, schlug das Projektil zunächst einen falschen Kurs ein: Das erste automatische Korrekturmanöver brachte das Geschoss etwa sieben Kilometer vom Ziel ab. "Das war nicht völlig unerwartet, aber es war absolut nicht das, was wir sehen wollten", sagt Navigator Shyam Bhaskaran. Erst zwei weitere Bahnkorrekturen führten das Projektil zurück auf den rechten Weg - und damit direkt ins Ziel.

© SZ vom 7.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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