Waldzustandsbericht für 2006:Jede zweite Buche ist krank

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Der deutsche Wald hat sich im vergangenen Jahr leicht erholt - doch noch immer sind 68 Prozent der Bäume durch Umwelteinflüsse geschädigt.

Angela Köckritz

Der deutsche Wald hat sich im vergangenen Jahr leicht erholt, gesund ist er jedoch noch lange nicht. Dies geht aus dem neuen Waldzustandsbericht hervor, den das Landwirtschaftsministerium am Mittwoch veröffentlichte.

Noch immer sind 68 Prozent der Bäume krank, während es 2005 noch 71 Prozent waren. 28 Prozent der Bäume leiden unter sehr schweren Schäden, ein Prozent weniger als im Jahr zuvor. "Wir haben die Hoffnung, dass sich unsere Wälder langsam wieder erholen", sagte Agrar-Staatssekretär Peter Paziorek bei der Vorstellung der Zahlen. "Das ist allerdings nur eine Momentaufnahme und noch lange kein langfristiger Trend."

Besonders schlecht geht es der Buche, inzwischen ist fast jeder zweite Baum schwer erkrankt. Sie hat damit die Eiche als gefährdetste Baumart abgelöst.

Erholt hat sich indessen die Kiefer, doch noch immer weist beinahe ein Fünftel der Bäume schwere Schäden auf. Auch die Lage der Fichte hat sich etwas verbessert, 27 Prozent der Bäume sind schwer beschädigt. Der Zustand des Waldes hat sich vor allem im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verschlechtert.

Als Hauptursache für die Schäden gelten Luftverschmutzung und Schadstoffe aus der Landwirtschaft, aber auch der Klimawandel. Der Bericht, der jedes Jahr vorgelegt wird, dürfe daher "trotz leichter Verbesserungen nicht zum Anlass genommen werden, Abstand von der Klimaschutzpolitik zu nehmen", sagte Paziorek. Ziel dieser Politik ist es, den durch den Treibhauseffekt bedingten Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen.

"Keine Zeit, sich anzupassen"

"Eine zu schnelle Erwärmung, die dem Biotop nicht die Zeit gibt, sich anzupassen, wird zu Verwerfungen führen", warnte Paziorek. Die Folgen seien Stürme und Trockenheit, doch gibt es auch weniger offensichtliche Konsequenzen: Durch den Temperaturanstieg könne sich das Gleichgewicht von Pflanzen und Parasiten verschieben, wärmeliebende Parasiten wie der Borkenkäfer vermehrten sich dann besonders schnell. Paziorek plädierte daher für eine umweltfreundliche Energiepolitik. "Wir müssen die Energie so strukturieren, dass Kohlenstoff reduziert wird."

Der Staatssekretär forderte eine neue Düngeverordnung und größere Anstrengungen bei der Luftreinhaltepolitik. Zwar habe man seit den 90er Jahren die Stickstoffwerte um 19 Prozent reduziert und stehe kurz vor der gewünschten Marke von 21 Prozent. "Die Frage aber ist: Warum geht es dem Wald dann nicht besser?" Den Grund sieht Paziorek darin, dass viele Bäume unter erheblichen Vorschäden litten. Die Genesung brauche Zeit. "Es ist ein langer Weg."

Viele Bäume hätten sich noch nicht von dem trockenen Sommer 2003 erholt. Große Zerstörung brachte auch der Sturm "Kyrill". Förster rechnen mit Waldschäden, bei denen mehr als 25 Millionen Kubikmeter Holz zurückbleiben.

Zwar ist das weniger als bei "Lothar" im Jahr 1999 und bei "Wiebke" 1990, die 35 beziehungsweise 75 Millionen Kubikmeter zurückließen. Doch führte "Kyrill" zu enormen Schäden. Allein im Sauerland gibt es laut Paziorek 50000 Hektar Kahlfläche.

Seit 1984 wird der Kronenzustand des Waldes regelmäßig erfasst. Nun werden in einem mehrjährigen Programm auch die Waldböden untersucht. Ein entsprechender Bericht soll 2013 veröffentlicht werden. Vorbereitet wird auch die dritte Bundeswaldinventur 2012.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte die Waldschutzpolitik der Bundesregierung. Der Wald benötige eine eigene "Gesundheitsreform." Der Waldzustandsbericht 2006 belege, wie wenig die Regierung zur Lösung des Problems unternommen habe.

Der BUND bemängelte insbesondere, dass Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) derzeit prüfen lasse, ob der Waldzustandsbericht nur noch alle vier Jahre veröffentlicht werden könne. "Als Gesundheitspolitiker sollte Seehofer wissen, dass der Patient Wald nicht gesünder wird, wenn man ihn nicht untersucht", sagte Helmut Klein, Waldexperte der Organisation. "Nur die Abkehr vom überhöhten Energieverbrauch und die Verringerung des Schadstoffausstoßes kann den Wald retten."

© SZ vom 25.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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