Waldbrände:Ruß über dem Nordpol

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Mit acht Flugzeugen haben Forscher den Rauch von Waldbränden in Kanada und Sibirien verfolgt - und erhebliche Luftverschmutzungen festgestellt.

Christopher Schrader

Eigentlich fliegen sonst nur Kunstflug- oder Militärpiloten solche Manöver. Mitten in der Luft nähern sich zwei Maschinen so weit an, dass ihre Flügelspitzen nur noch wenige Meter voneinander entfernt sind.

Begegnung in der Luft: Die Falcon der DLR beim Messvergleich mit einem Forschungsflugzeug der Nasa. (Foto: Foto: DLR)

Als das vor kurzem über Grönland geschah, diente es aber der Wissenschaft. Acht Flugzeuge aus vier Nationen waren im Juli für mehrere Wochen an den Polarkreis gekommen, um in einer dreiwöchigen Kampagne zu messen, was mit den Rauchfahnen der Waldbrände in Kanada und Sibirien passiert. Um ihre Messwerte abzugleichen, flogen die DC-8 der Nasa und die zweistrahlige Falcon des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) 40 Minuten lang direkt nebeneinander her.

"Wir waren überrascht, wie schadstoffbelastet die Luft am Nordpol in diesem Sommer war", sagt Hans Schlager vom DLR-Standort Oberpfaffenhofen, der die Messungen auf deutscher Seite geleitet hat. Normalerweise gebe es nur in Winter und Frühling "arctic haze", einen Schadstoff-Nebel, der aus den Industrieregionen der Welt in den Norden zieht. "Aber diesmal war die Luft durch starke Feuer verschmutzt", sagt Schlager.

Am Pol und über dem Norden Grönlands fanden die Forscher zwar keine Spuren der kalifornischen Brände, aber Emissionen sibirischer und kanadischer Feuer.

Die Wissenschaftler in der Falcon sind dazu gezielt in Luftmassen geflogen, die Nasa-Kollegen wenige Tage zuvor direkt über den Brandherden analyisiert hatten. Gewitter hatten Schadstoffe und Rußpartikel zehn Kilometer hoch in die Atmosphäre gewirbelt.

Dabei zeigte sich, dass sich Stickoxide für den Transport in andere Gase wie Salpetersäure umwandeln können. Sobald die Abgase aber über der Arktis in tiefere Schichten sinken, werden die Stickoxide wieder frei. Dadurch entsteht über dem Eis das Sommersmog-Gas Ozon.

Neben den Teams in den Flugzeugen waren auch Bodenstationen beteiligt, die zum Beispiel registrierten, wie sich der Ruß auf das Eis niederschlug. Forscher aus 18 Ländern arbeiten an dem Polarcat genannten Programm mit. In mehreren Rechenzentren stellten Supercomputer die Verbreitung der Rauchfahnen nach.

Auch Daten von Ballons, Zügen, Schiffen und Satelliten sollen später in das Gesamtbild einfließen. "Experimente in Flugzeugen liefern das detailreichste Bild der Atmosphäre, aber nur für kurze Zeiträume", sagt Jim Crawford von der Nasa. Die Koordination mit anderen Messungen helfe daher, die Simulation per Computer zu verbessern.

Das Wissen ist dabei für die Forscher kein Selbstzweck. Das Wettergefüge am Nordpol ändert sich, weil seit zehn Jahren die Feuer in Kanada und Sibirien stetig zunehmen. "Die pro Saison verbrannte Fläche hat sich etwa verdreifacht", sagt Hans Schlager. "Aber wir wissen noch nicht genau, woran das liegt." Der Klimawandel gilt als mögliche Ursache. Vielleicht verstehen die Forscher die Vorgänge besser, wenn sie sich in einem halben Jahr zu einem internationalen Workshop treffen und ihre Ergebnisse zusammenfügen.

© SZ vom 31.07.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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