Virus-Epidemie:Kanada jagt tollwütige Waschbären

Lesezeit: 2 min

Die Gefahr, dass Waschbären das Tollwut-Virus auf Menschen übertragen, ist groß. Deshalb wurden im Osten Kanadas bereits mehr als 3000 Tiere getötet.

"Guten Morgen, du Schlauberger. Wie geht's dir?", versucht Jäger Renald Ferland den zitternden Waschbären zu beruhigen, bevor er ihn zur weiteren Untersuchung in einen Käfig steckt. Das putzige Pelztier mit dem gestreiften Schwanz ist in die Falle gegangen, stinkende Sardinen und Marshmallows als Köder haben es angelockt.

Jäger Renald Ferland mit einem gefangenen Waschbären. (Foto: Foto: AFP)

Eigentlich ist es für Ferland und seine Kollegen im Grenzgebiet zwischen Kanada und den USA lukrativer, Füchse und Nerze zu jagen. Doch derzeit geht die Jagd auf Waschbären vor.

Denn die kleinen Bären sind für den Ausbruch der Tollwut im Osten Kanadas verantwortlich. Mehr als 3000 von ihnen wurden bereits getötet.

Erster Tollwut-Fall im Mai 2006

Der erste Fall der auch für den Menschen gefährlichen Virusinfektion trat im Mai vergangenen Jahres in der kanadischen Provinz Québec auf. Gemeinsam mit den benachbarten US-Bundesstaaten Vermont und New York starteten die Behörden umgehend eine Kampagne, um die weitere Ausbreitung zu stoppen.

Bislang erfolglos: Anfang 2007 wurden allein in Vermont 50 Fälle von Tollwut registriert, in Québec fanden die Wildhüter 40 infizierte Waschbären diagnostiziert. Seitdem blasen sie unbarmherzig zur Jagd.

Die Gefahr, dass Waschbären die Tollwut auf Menschen übertragen, ist groß. Sie leben oft in der Nähe von Siedlungen, ernähren sich vom Müll oder plündern die Felder. Die Tiere mit der maskenartigen Zeichnung im Gesicht können leicht Haustiere anstecken, die dann ihren Besitzern gefährlich werden.

Weltweit sterben jedes Jahr etwa 50.000 Menschen an Tollwut, weil sie nicht rechtzeitig behandelt werden. In Kanada liegt der letzte Fall allerdings schon sieben Jahre zurück.

"Wir müssen die Tollwut in Québec komplett ausrotten", sagt Daniel Guerin, der die "Operation Waschbär" vom kanadischen Dorf Frelighsburg aus leitet.

Martin Lowny vom US-Landwirtschaftsministerium vermutet, dass die Tollwut von Vermont über die Grenze nach Québec eingeschleppt wurde. Auch in New York, Ohio und anderen US-Staaten wurden erste Fälle entdeckt.

40 Jäger machen nun im Auftrag der kanadischen Behörden Jagd auf Waschbären. Geht ein tollwütiges Tier in die Falle, werden alle Waschbären im Umkreis von fünf Kilometern getötet, alle Tiere in einem Radius von fünf bis zehn Kilometern werden geimpft.

Diese werden anschließend markiert und ihr Aufenthaltsort registriert. Seit Mitte August werden 1,4 Millionen Dosen Impfstoff ­ verpackt in Keksen - in New York und Pennsylvania ausgelegt. 400.000 sind es in Kanada.

Guerin, der Leiter von "Operation Waschbär", nimmt seine Aufgabe sehr ernst. Wird nichts getan, so sagt er, dann kann die Situation rasch für Jahre außer Kontrolle geraten - wie vor acht Jahren, als in der kanadischen Provinz Ontario die Tollwut ausbrach. Erst im vergangenen Jahr wurde sie endgültig eingedämmt.

© AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: