Verhütung:Leibesfrucht und Leibesfülle

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Die Pille gilt als das sicherste Verhütungsmittel. Doch auch wenn frau sie nicht vergisst, ist eine Schwangerschaft möglich. Übergewicht verringert den Schutz.

Von Birgit Will

Man nennt sie etwas salopp "Tropis" bezeicheneten Kinder, die "trotz Pille" auf die Welt kommen. Auf der Suche nach möglichen Ursachen für die ungeplanten Schwangerschaften sind Wissenschaftler des Fred-Hutchinson-Krebsforschungszentrums in Seattle fündig geworden: Starkes Übergewicht verringert den Hormonschutz.

Aufpassen! Sieben von hundert Frauen werden pro Jahr schwanger trotz Pille. (Foto: Foto: dpa)

Bei einer Studie mit knapp 800 Frauen fanden sie für Frauen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 27,2 ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko, schwanger zu werden, gegenüber Probandinnen, deren BMI unter diesem Wert liegt (1). Einen BMI von 27,2 haben zum Beispiel Frauen, die bei einer Körpergröße von 1,65 Meter 74 Kilo wiegen.

Noch mehr Schwangerschaften gab es bei Frauen mit einem BMI von mehr als 32,2 - bei ihnen ist der Studie zufolge das Risiko um 70 Prozent erhöht. Dass die Körpermasse den Hormonschutz ausbremst, erscheint durchaus plausibel. Eine mögliche Erklärung sieht das Team um Viktoria Holt in der erhöhten Stoffwechselrate bei fettleibigen Menschen, ebenso wie in einer erhöhten Aktivität von Leberenzymen, welche die Hormone aufbauen.

"Eine individuelle Lösung für jede Patientin"

Es gebe auch Hinweise, dass sich die Hormone der Pille verstärkt in Fettgewebe einlagern und so die Konzentration im Blut zu niedrig sein könnte. Auch für Franz Geisthövel vom deutschen Dachverband für Reproduktionsbiologie und -medizin ist das Ergebnis nicht überraschend: "Bei der Beratung zur Empfängnisverhütung muss jeder Frauenarzt auch das Gewicht der Patientin berücksichtigen."

Das sei schon deshalb wichtig, weil die Pille bei übergewichtigen Frauen unter Umständen ein gesundheitliches Risiko darstellt: Der oftmals zu hohe Blutdruck kann durch die Pille weiter steigen und zusammen mit erhöhten Blutfettwerten zu einem größeren Thrombose-Risiko führen. Aber auch die bei Übergewicht nachlassende Sicherheit ist für Geisthövel ein bekanntes Phänomen.

"Für jede Patientin muss man eine individuelle Lösung finden." In manchen Fällen riete er zu einer Pille in einer höheren Dosierung - dann aber müssten Risikofaktoren wie der Blutdruck regelmäßig kontrolliert werden.

Eine andere Möglichkeit bietet die Verhütung durch den Vaginalring, bei der die Hormone durch die Scheide aufgenommen werden. So würden die Substanzen direkt in die Blutbahn abgegeben und gelangten nur zu drei Prozent in die Leber. Damit verringerten sich auch die durch einen gesteigerten Leberstoffwechsel hervorgerufenen Riskikofaktoren.

Sieben von hundert Frauen werden pro Jahr trotz Pille schwanger

Übergewicht mag eine mögliche Ursache für das Versagen der Pille sein, ist aber sicher nicht die wichtigste. Von tausend Frauen, die ein Jahr lang die Pille einnehmen, dürften je nach Präparat eigentlich nur drei bis fünf schwanger werden - so sagen es die klinischen Studien bei korrekter Einnahme vorraus.

In der Praxis sind die ungewollten Schwangerschaften allerdings viel häufiger. Einer amerikanischen Umfrage zufolge werden bis zu sieben von hundert Frauen trotz Pille innerhalb eines Jahres schwanger. Das Versagen liegt aber laut Geisthövel in erster Linie an Einnahmefehlern. Zudem können Erbrechen oder Durchfall die Aufnahme der Hormone verringern.

(1) The American College of Obstetricians and Gynecologists, Bd.105, S.45, 2005

© <p>SZ vom 7.1.2005</p> - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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