Verheerender Vesuv:Die Katastrophe vor Pompej

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Lange bevor der unberechenbare Vulkan das antike Pompej verschüttetet hat, verheerte er in einem noch gewaltigeren Ausbruch das Umland samt bronzezeitlicher Dörfer. Wissenschaftler warnen vor der nächsten Groß-Eruption - und sehen Neapel massiv gefährdet.

Irgendwann zwischen 1890 und 1590 vor Christi Geburt geschah es: Die Erde bebte, der Berg spie Feuer und Steine aus seiner Tiefe, glühende Lavaströme wälzten sich ihren Weg, alles nahe Leben verging. Selbst das Gebiet von Avellino, etwa 25 Kilometer vom Ausbruchsort entfernt, wurde mit einer halbmeterdicken Ascheschicht bedeckt. Die bronzezeitlichen Bauern ließen alles stehen und liegen, versuchten zu fliehen - die meisten offenbar vergeblich.

Das fast 4000 Jahre alte Skelett eines Menschen, welcher bei dem Vesuv-Ausbruch umkam. (Foto: Foto:)

Der Ausbruch war gewaltiger als alle Eruptionen, die später kamen. Der Ascheregen und giftige Gase verwüstete die Region für Jahrhunderte. US-Geologen bestätigten inzwischen durch neue Ausgrabungen die Naturkatastrophe vor fast 4000 Jahren.

Die Folgen der Katastrophe seien schlimmer gewesen als bei der Zerstörung Pompejis im Jahr 79 nach Christus. "Eine ähnliche Eruption könnte heute Neapel und Umgebung zerstören", heißt es in einem Bericht der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS,doi/10.1073/pnas.0508697103).

Tausende Fußspuren

Das Team um den Geologen Prof. Michael Sheridan von der Universität Buffalo entdeckten gut erhaltene Überreste einer Siedlung in der Nähe des heutigen Avellino.

"Durch die schnell fließenden Lavaströme und den Ascheregen wurden die Umrisse etwa von Hütten und Skelette trächtiger Ziege erhalten." Unter anderem hatte das Team die Skelette eines Mannes und einer Frau freigelegt, die fast 4000 Jahre lang von einer ein Meter dicken Gesteinsschicht begraben waren.

Zudem belegten die Funde den Versuch der Bewohner, vor der Katastrophe zu fliehen. Unter anderem fanden die Forscher Tausende Fußspuren von Menschen und Nutztieren in der Lavaasche. "Die Spuren weisen auf eine massive und schnelle Evakuierung des verwüsteten Gebiets hin, zu dem auch das heutige Neapel gehört", schreiben die Geologen.

Nach der "Avellino-Eruption" hätten die Bewohner versucht, einige Siedlungen wieder zu errichten, dies aber rasch aufgegeben. Ursache für den Abbruch der Neuansiedlungen sei vermutlich die extreme Umweltzerstörung gewesen. Wie viele Menschen damals starben, wird in dem Forschungsbericht nicht erwähnt.

Zeugnis der Katastrophe: Spuren flüchtender Menschen (Foto: Foto: dpa)

Italienische Experten warnen immer wieder vor einem drohenden schweren Ausbruch des "schlummernden Feuerberges", der bis zu 600.000 Bewohner akut gefährden könnte. Bei der bisher letzten stärkeren Eruption im Jahr 1944 kamen 26 Menschen ums Leben, bei einem Ausbruch im 17. Jahrhundert rund 4000 Menschen.

Bei der Zerstörung Pompejis wurden vermutlich 2500 Einwohner unter einer sechs bis sieben Meter dicken Ascheschicht begraben.

"Der Vesuv ist ein Pulverfass"

Der fast 1300 Meter hohe Vesuv gilt als der gefährlichste und unberechenbarste Vulkan Europas. Italienische Experten warnen immer wieder, je länger eine größere Eruption auf sich warten lasse, um so schwerer drohe sie zu werden.

"Der Vesuv ist ein Pulverfass", warnte ein Verantwortlicher für den Zivilschutz vor einigen Jahren, als erstmals Evakuierungsübungen abgehalten wurden. "Wenn bei einer plötzlichen Eruption nicht 600.000 Menschen schnell flüchten können, haben sie keine Überlebenschance."

Besondere Sorgen bereitet den Behörden das "wilde Bauen" an den Vulkan-Hängen, die zur "roten Zone" gehören, das heißt als akut bedroht gelten. Italienische Forscher fürchten, dass eine explosive Eruption innerhalb von nur 15 Minuten alles Leben im Umkreis von sieben Kilometern vernichten könnte.

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