Urmenschen-Fund:Ein sehr unmoderner moderner Mensch

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Ein 35.000 Jahre alte Schädel wirft erneut die Frage auf, ob sich Homo sapiens und Neandertaler in Europa vielleicht doch gemeinsam fortgepflanzt haben.

Seit 40.000 Jahren lebt der moderne Mensch in Europa - und große Veränderungen am Bauplan unseres Körpers, so wurde vermutet, hat es seitdem nicht mehr gegeben.

Forscher um Hélene Rougier und Erik Trinkaus von der Washington University in St. Louis widersprechen nun der Vorstellung, der Mensch habe sich seit damals kaum noch entwickelt.

Die Wissenschaftler haben einen 35.000 Jahre alten Schädel zusammengesetzt und untersucht, der in Pestera cu Oase in Rumänien entdeckt worden war. Bei dem als Oase 2 bezeichneten Skelett-Teil handelt es sich um den frühesten fast vollständig erhaltenen Schädel eines modernen Menschen in Europa.

Bereits fünftausend Jahre zuvor hatten diese begonnen, Europa zu besiedeln. Ihre Vorfahren kamen aus Afrika, wo der erste moderne Mensch vor etwa 150.000 Jahren aufgetreten sein soll.

Wie die Forscher berichten, zeigt der Schädel neben den erwarteten Strukturen des modernen Homo sapiens auch eine Reihe so urtümlicher Eigenschaften, dass sie vermuten, bei dem Ur-Menschen könnte es sich um einen gemeinsamen Nachfahren von Neandertalern und modernen Menschen handeln ( Proceedings of the National Academy of Sciences).

Auffällige Backenzähne

Neben einem großen Gesicht und einer kurzen, flachen Stirn besitzt der Schädel die größten Backenzähne, die je bei einem Vertreter des modernen Menschen entdeckt wurden.

Die Neandertaler hatten Europa bereits lange vor dem Homo sapiens erobert . Was geschah, als die beiden Menschen-Arten sich trafen, ist noch immer unklar. Die neue Entdeckung aber deutet darauf hin, dass sich ihre Vertreter nicht nur gegenseitig erschlagen, sondern auch zusammen Nachfahren gezeugt haben.

Die frühesten modernen Homo sapiens in Europa waren demnach nicht vollständig "modern", betonen die Wissenschaftler.

"Was dieser Fund wirklich zeigt, ist das Voranschreiten der menschlichen Evolution", erklärt Trinkaus. "Technisch gesehen handelt es sich um den Schädel eines modernen Menschen - aber die Menschen, wie wir sie heute kennen, haben sich seit damals beträchtlich entwickelt."

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