Ungewöhnliche Methode:Vogelzählung

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Wenn verlässliche Daten fehlen, muss man kreativ werden. Forscher haben mit historischen Urlaubsfotos untersucht, wie sich eine Kolonie von Meeresvögeln in den vergangenen 100 Jahren entwickelt hat.

Von Mathias Tertilt

Zwei Umweltforscher der Universität Stockholm haben mit Urlaubsbildern gezeigt, dass sich die Trottellummen, eine Meeresvogelart, im Ostseeraum wieder stark vermehren. Ein Großteil der Trottellummen (Uria aalge) brütet auf der schwedischen Insel Stora Karlsö. An diesem Beispiel wollten die Wissenschaftler untersuchen, wie der Mensch die Natur beeinflusst. Ihnen fehlten aber Erhebungen, weil die Vögel erst seit drei oder vier Jahrzehnten systematisch gezählt werden. Zum Glück ist die Insel bekannt für eine steile Felsklippe, an denen die Trottellummen mehrere Monate im Jahr brüten. Die Forscher haben sich daher für die ungewöhnliche Methode entschieden, Archive, Bildagenturen, Zeitungen und Magazine nach dem beliebten Motiv zu durchsuchen. Auch verglichen sie historische Aufnahmen von Privatpersonen. Die Forscher konnten so nachvollziehen, wie sich die Population der Tiere im Zeitraum von fast einhundert Jahren entwickelt hat. Zurzeit steigt die Zahl der Tiere auf der schwedische Insel an, schreiben die Forscher in Current Biology.

Für das Jahr 2015 schätzen sie die Vogelgruppe an der Klippe auf etwa 1200 Brutpaare. Anfang des letzten Jahrhunderts waren es wohl nur 200. Vermutlich wurden die Vogeleier früher gesammelt, bevor die Insel 1880 zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Die Kolonie ist seitdem aber nicht stetig angewachsen: Zwischen den 1960er- und 80er-Jahren ging die Zahl der Tiere nochmals leicht zurück. Die Forscher vermuten, dass zu dieser Zeit Insektizide und andere Chemikalien die Ostsee verschmutzt haben. In den Eiern der Vögel wurde damals eine höhere Konzentration dieser Substanzen nachgewiesen. Ebenso haben strengere Regelungen für die Fischerei in den letzten Jahren dazu geführt, dass sich die Trottellummen seltener in Netzen verfangen, wenn sie auf Nahrungssuche im Wasser nach Fischen tauchen.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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