Unfall-Vorbeugung:Glimmstängel mit Feuerstopp

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Die EU-Kommission fordert die feuersichere Zigarette - so kann sie zumindest keinen Brandschaden anrichten.

Jeanne Rubner

Es sind viele grausame Schicksale, meist nur ein paar dürre Zeitungszeilen wert. Rentner bei Wohnungsbrand getötet, Behinderter im eigenen Bett verbrannt, Kinder nachts in ihren Betten erstickt, heißt es dann, und häufig steht am Ende der Meldung, dass jemand mit einer brennenden Zigarette auf dem Sofa oder im Bett eingeschlafen war.

Oft sind es Arme, Alkoholabhängige, Pflegebedürftige, aber eben nicht immer. Die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann etwa starb, bereits geschwächt durch Medikamentenmissbrauch, 1973 an den Folgen eines Brandes in ihrer Wohnung in Rom; sie hatte geraucht und war eingeschlafen.

Wenn Menschen bei einem Feuer ums Leben kommen, ist sehr oft eine brennende Zigarette die Ursache gewesen. Nach Zahlen des US-Verbands für Brandschutz kam es in den Vereinigten Staaten im Jahr 2000 zu mehr als 167000 Bränden, die durch Tabakerzeugnisse verursacht wurden. 807 Menschen starben, fast 2200 wurden verletzt, der materielle Schaden durch solche Brände betrug in den USA schätzungsweise fünf Milliarden Dollar.

Eine europäische Statistik gibt es nicht, aber die EU-Kommission geht von bis zu 2000 Todesopfern in ganz Europa aus sowie von 7500 Verletzten. Dagegen wollen Brüsseler Beamte nun vorgehen.

Das Rauchen in Privaträumen können sie kaum verbieten, doch es gibt einen anderen Weg, die Wohnungsbrände einzudämmen: brandsichere Zigaretten. Spätestens 2010 sollen alle in Europa verkauften Zigaretten "selbstverlöschend" sein. Das hat EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva jetzt vorgeschlagen.

Erlischt von selbst

Neu ist die Idee nicht: Seit mehr als 20 Jahren weiß die Tabakindustrie, wie Zigaretten brandsicher gemacht werden können. Dazu werden im Papier ringförmige "Geschwindigkeitschwellen'' eingebaut, welche die Glut stoppen.

Weniger Luft gelangt nach innen und die Zigarette erlischt mangels Sauerstoff von selbst, wenn etwa zwei bis drei Minuten nicht an ihr gezogen wird. Das ist kaum teurer als die konventionelle Herstellung, maximal 0,2 Prozent, heißt es bei der Kommission.

Untersuchungen der Harvard Universität haben übrigens gezeigt, dass die geforderten feuersicheren Zigaretten nicht mehr Schadstoffe enthalten als andere; das hatten manche Experten befürchtet. Deshalb sei eine entsprechende EU-Vorschrift "überfällig", heißt es bei der Kommission.

Europa kann dabei sogar auf Erfahrungen aus Amerika bauen. Im US-Bundesstaat New York werden bereits seit dem Jahr 2000 nur noch brandsichere Zigaretten verkauft, Kanada folgte in 2005. Inzwischen gibt es in 16 US-Bundesstaaten Gesetze beziehungsweise Pläne dafür.

Bevor in Europa die neuen Glimmstängel jedoch auf den Markt kommen können, muss das europäische Normungsinstitut eine Vorschrift ausarbeiten, die von allen EU-Staaten gebilligt werden muss. Erfahrungsgemäß sträubt sich die Industrie erst einmal gerne gegen solche Regeln.

In den USA hatte der Kongress bereits 1994 ein entsprechendes bundesweites Gesetz vorgelegt. Es scheiterte am Widerstand der Tabakkonzerne - sie konnten die Einführung um etliche Jahre verzögern.

© SZ vom 10.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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