UN-Aidsbericht:"Erstmals wichtige Fortschritte in wichtigen Ländern"

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Dem UN-Aidsbericht zufolge breitet sich das HI-Virus erstmals langsamer aus. Doch noch immer mangelt es vielerorts an Aufklärung. Und in Deutschland gab es 2005 den Höchststand von Neuinfektionen.

Wenn sich die Delegierten der dreitägigen Aidskonferenz der Vereinten Nationen heute in New York versammeln, hat sie eine gute Nachricht bereits erreicht. Die Seuche breitet sich laut UN-Aidsbericht langsamer aus als früher.

Mitglieder der südafrikanischen Organisation Treatment Action Campaign (TAC) protestieren gegen ihre Regierung, die die UN über ihr Aids-Programm angeblich angelogen hat. (Foto: Foto: AFP)

Doch es gibt auch eine ganze Reihe schlechter Nachrichten. Zwar können einige wichtige Länder deutliche Erfolge vorweisen, heißt es in der Untersuchung im Auftrag der UN. Dennoch steige die Zahl der Infizierten insgesamt weiter. 38,6 Millionen Menschen leben mit dem Erreger der tödlichen Immunschwäche.

Für 2005 verzeichnet der Report 4,1 Millionen neue Infektionen und 2,8 Millionen Todesfälle.

Ende 2005 lebten 15,2 Millionen Kinder, die durch die Seuche einen oder beide Elternteile verloren haben. Besonders in einigen stark betroffen Ländern Afrikas sinkt die Zahl der Neuinfizierten leicht. In Deutschland war sie 2005 wieder gestiegen.

Die Zahl neuer Infektionen klettere weltweit nicht mehr so schnell wie bislang, sagte der Direktor des UN-Aidsbekämpfungsprogramms UNAIDS, Peter Piot. "Zum ersten Mal sehen wir in wichtigen Ländern wichtige Fortschritte", sagte Piot und verwies unter anderem auf Simbabwe und Kenia.

Nicht genügend Geld zur Bekämpfung von Aids

Bereits jetzt zeichne sich jedoch ab, dass in den nächsten Jahren nicht genügend Geld zur Bekämpfung von Aids zusammenkommen werden.

Nach wie vor ist Afrika südlich der Sahara am schlimmsten von der unheilbaren Immunschwäche getroffen. Rund 5,5 Millionen Infizierte leben allein in Südafrika. Dort gibt es weiter kein Zeichen der Linderung.

Noch immer mangele es in diesen Ländern an Aufklärung, kritisierte Piot. "Wenn es um Aids geht, werden in einer ganzen Reihe von Ländern widersprüchliche Botschaften ausgegeben", sagte er. "Da ist ein fundamentales Umdenken erforderlich."

Die Ausbreitung der Krankheit sei eng mit sozialen und gesellschaftlichen Problemen verknüpft: "Sexuelle Gewalt ist eine der Hauptursachen für die Ausbreitung."

Kenia und Simbabwe sind hingegen Beispiele für kleine Lichtblicke, hier werden mehr Kondome benutzt, haben die Menschen weniger Sexualpartner und beginnen später mit dem Sex, berichtet UNAIDS.

Aufklärung in den Grundschulen

"In Simbabwe etwa wurde schon zu Beginn der 1990er Jahre in den Grundschulen mit der Aidsaufklärung begonnen. Offen gesagt, selbst in Europa können wir etwas davon lernen", sagte Piot.

In Asien, Zentralamerika und Osteuropa "galoppiere" die Epidemie dagegen weiter. Aids bleibe die schlimmste Epidemie der Moderne.

Rund 95 Prozent der Betroffenen leben in Entwicklungs- oder Schwellenländern. In China, Indonesien, Papua-Neuguinea und Vietnam erhöhe sich der Anteil der infizierten Menschen, heißt es in dem Report.

In Osteuropa und Zentralasien stieg die Zahl der Infizierten auf 1,5 Millionen - eine 20fache Zunahme in weniger als 10 Jahren. Die meisten dieser Betroffenen leben in der Ukraine und Russland.

Zwischen 2001 und 2005 stieg die Zahl der Empfänger von Aidsmedikamenten in den armen Ländern von 240 000 auf 1,3 Millionen - weltweit bekomme trotzdem nur jeder Fünfte die nötigen Präparate, erklärt UNAIDS.

Demnach standen 2005 weltweit 8,3 Milliarden Dollar (rund 6,5 Milliarden Euro) zum Bekämpfen der Infektionen in den mittel- bis wenig verdienenden Ländern bereit. 2006 steige diese Summe voraussichtlich auf 8,9 Milliarden. Dies sei aber viel zu wenig angesichts des Bedarfs von 14,9 Milliarden allein 2006.

Aidsinfektionen in Deutschland auf dem Höchststand

Obwohl die Deutschen wieder mehr Kondome benutzen, ist die Zahl der Aidsinfektionen 2005 auf einen neuen Höchststand gestiegen. Bundesweit steckten sich 2490 Menschen mit dem Aidserreger an, das entspricht einem Anstieg um 13 Prozent, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin berichtete. 2004 waren es 2210 HIV-Neuinfektionen.

HIV-infizierte Kinder werden im Kampf gegen Aids nach Ansicht des UN-Kinderhilfswerk UNICEF "dramatisch vernachlässigt". Sie würden wesentlich schlechter versorgt als Erwachsene. Von den rund 660.000 Kindern, die dringend Viren hemmende Medikamente brauchen, bekämen sie nur etwa 20.000 bis 30.000.

"Jede Minute stirbt ein Kind an Aids", betonte das UN-Kinderhilfswerk. "Jeden Tag infizieren sich etwa 1500 Kinder neu", sagte die UNICEF-Chefin Ann Veneman. Die wichtigste Botschaft einer am Mittwoch beginnenden UN-Aidskonferenz in New York müsse sein: "Wir können das ändern."

In diesem Jahr wird der erste Fachbericht über Aids 25 Jahre alt. Der US-Beitrag vom 5. Juni 1981 beschrieb 5 homosexuelle Männer, die an einer seltenen Lungenentzündung litten. Seither hat HIV rund 65 Millionen Menschen infiziert, etwa 25 Millionen starben an den Folgen.

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