Umweltverschmutzung:Aus der Luft ins Fleisch

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Wissenschaftler haben erstmals gezeigt, wie sich Quecksilber aus der Luft in Tieren anreichert. Das untermauert die Forderung nach einem weltweiten Bann des Schwermetalls.

Martin Kotynek

Weltweit verschmutzen Kohlekraftwerke, Zementfabriken und Goldminen die Luft mit Quecksilber. Dadurch ist die Atmosphäre heute dreimal so stark mit dem giftigen Schwermetall belastet wie vor der industriellen Revolution.

Wissenschaftler untersuchen Fische in dem verseuchten See. (Foto: Foto: Stephanie Backhouse)

Gleichzeitig enthalten viele Fische bereits so viel Methyl-Quecksilber, dass das Bundesamt für Risikobewertung Schwangere davor warnt, Thunfisch, Heilbutt oder Hai zu essen. Längst ist erwiesen, dass das Metall den Fötus schädigt und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen erhöht.

Doch ein weltweiter Bann des Schwermetalls war bisher nicht möglich, da aus wissenschaftlicher Sicht kein direkter Zusammenhang zwischen dem Schwermetall in der Luft und in Fischen bestand.

24 Biologen von 16 amerikanischen und kanadischen Universitäten und Forschungseinrichtungen konnten diesen Zusammenhang nun herstellen ( PNAS, online).

Dazu verschmutzten sie einen See in Kanada mit drei unterschiedlich markierten Quecksilberlösungen. Den einen Teil versprühten sie drei Jahre lang im Sommer alle zwei Wochen über dem See, die beiden anderen Teile einmal jährlich auf die umliegenden Feuchtgebiete und Hochländer. Dann untersuchten die Biologen die Vegetation und die Böden im Umland sowie die Tiere im See.

Schon nach drei Tagen konnten die Forscher das Quecksilber im sauerstoffarmen Tiefenwasser und im Seeboden messen. Dort leben Bakterien, die das Schwermetall in Methyl-Quecksilber umwandeln. Einen Monat später fanden die Forscher die Verbindung, die etwa hundert Mal so giftig ist wie das reine Metall, im Zooplankton und in Flohkrebsen, zwei Monate darauf auch in den Fischen, die sich von Plankton ernähren.

Durch die unterschiedliche Markierung des Quecksilbers konnten die Wissenschaftler unterscheiden, wo sie das Metall, das sie in den Tieren fanden, versprüht hatten. Demnach stammte der Großteil aus der Luft über dem See. Von dem Quecksilber aus dem Umland war hingegen kaum etwas in die Tiere gelangt.

Die Wissenschaftler sind aufgrund ihrer Beobachtungen zuversichtlich, dass die Belastung mit Methyl-Quecksilber in den Tieren schon wenige Jahre, nachdem die Emissionen weltweit zurückgegangen sind, auf ein unbedenkliches Niveau absinken würde. Für ihren See in Kanada rechnen die Forscher dabei mit etwa zehn Jahren.

© SZ vom 18.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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