Umstrittener Plastikgrundstoff:Harmlos von Amts wegen

Bisphenol A ist in Babyfläschchen und Dosenbeschichtungen zu finden. Eine europäische Behörde hält das für unbedenklich. Experten in Nordamerika kommen zu anderen Ergebnissen.

Hanno Charisius

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA stuft den Plastikgrundstoff Bisphenol A als unbedenklich für Menschen ein. Im Tierversuch wirkte die Chemikalie jedoch schon in kleinen Mengen wie ein Hormon auf den Organismus und führte zu Fehlbildungen oder neurologischen Störungen.

Können Babys an Bisphenol-A-haltigen Fläschchen ohne Gesundheitsgefährdung saugen? Die Meinungen darüber sind geteilt. (Foto: Foto: ddp)

Über die Wirkung von Bisphenol A (BPA) auf Menschen tobt seit Jahren ein Expertenstreit. Die EFSA argumentiert nun, der menschliche Körper baue BPA rasch zu harmlosen Abfallprodukten um und scheide sie aus. Dies sei ein wichtiger Unterschied zum Stoffwechsel von Ratten, die dazu nicht in der Lage seien.

In ihrem vorläufigen Bericht betont die zuständige Expertenkommission, dass es nicht notwendig sei, die in der EU geltenden Grenzwerte zu ändern. Auch Ungeborene und Säuglinge seien nicht in Gefahr. Der Report werde nun innerhalb der Mitgliedsstaaten zur Diskussion gestellt.

BPA-Moleküle werden benutzt, um Epoxidharze oder Polycarbonate herzustellen, aus denen unter anderem Babyflaschen oder Innenbeschichtungen von Getränke- und Konservendosen gefertigt werden. Allein in Europa werden jährlich mehr als 640 000 Tonnen BPA produziert. Aus Verpackungen diffundieren geringe Mengen BPA in die Nahrung.

Obwohl zahlreiche Studien auch Hinweise auf ein Risiko für den Menschen liefern, hatte die EFSA 2006 die Höchstmenge, die man täglich bedenkenlos verzehren kann, heraufgesetzt. Die europäische Position steht in Kontrast zur kanadischen und amerikanischen Haltung.

Die kanadische Regierung hatte BPA im April als "gefährliche Substanz" eingestuft und Babyflaschen aus Polycarbonat verboten. Auch eine US-Toxikologen-Kommission äußerte Bedenken: Sie war zu dem Ergebnis gekommen, dass BPA die Nerven-Entwicklung von Föten und das Verhalten von Kindern beeinflussen könnte.

© SZ vom 25.07.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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