Tsunami-Warnsysteme:Unsicherheit durch Technik

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Das Unglück auf den Salomonen hat abermals gezeigt, dass Tsunami-Warnungen oft zu spät oder zu Unrecht ausgelöst werden.

Axel Bojanowski

Während zwei Tage nach dem Tsunami auf den Salomonen die Aufräumarbeiten immer wieder durch heftige Nachbeben behindert werden, streiten Wissenschaftler und Politiker vieler Pazifikstaaten über das Tsunami-Alarmsystem. Das Warnzentrum der USA auf Hawaii hatte 15 Minuten nach dem Seebeben - es war eines der stärksten der letzten Jahre - eine Tsunami-Warnung für den gesamten Südwestpazifik ausgegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Wellen die Küsten der Salomonen aber bereits verwüstet.

Die Katastrophe bestätigt die Sorge von Erdbebenforschern wie Kerry Sieh vom California Institute of Technology: Küstenorte, die nahe an Erdbebenzonen liegen, benötigten kein aufwendiges Alarmsystem, hatte Sieh wiederholt gemahnt. Die Behörden sollten sich darauf konzentrieren, ihre Bewohner nach Erdbeben rasch auf Anhöhen bringen zu können.

Entsprechende Evakuierungspläne fehlen indes häufig, wie das Unglück auf den Salomonen gezeigt hat. Ähnliches geschah im vergangenen Mai, als eine Tsunami-Warnung die Tonga-Inseln nicht erreichte, weil das Seebeben die Strom- und Telefonleitungen zerstört hatte.

In Australien wiederum ärgern sich viele Bürger über den Tsunami-Alarm des örtlichen Wetterdienstes vom Montag. Entlang der gesamten Ostküste des Landes war der Schiffsverkehr eingestellt, waren Strände geräumt und öffentliche Einrichtungen geschlossen worden. Erst fünf Stunden, nachdem 30 Zentimeter kleine Tsunamis die Küste erreicht und keine Schäden hinterlassen hatten, wurde der Alarm aufgehoben. Bis dahin seien in Sydney Sicherheitskräfte umhergelaufen, um vor der Gefahr zu warnen, berichtet der Geologe Ted Bryant von University of Wollongong.

Warnsystem erst in zwei Jahren

Der Fehlalarm und die späte Entwarnung zeigten, dass Australien nicht auf Tsunamis vorbereitet sei, klagt der Ozeanforscher James Cook von der Universität Cairns. Auch Politiker beschwerten sich über die "unklare Warnung" des Wetterdienstes. Weder die Höhe der Wellen noch der Zeitpunkt ihres Eintreffens seien vorhergesagt worden. Erst in zwei Jahren sollen Warnungen möglich sein. Dann will Australien ein Alarmsystem installiert haben. Ob Warnungen dann problemlos funktionieren werden, erscheint allerdings fraglich.

Die USA und Japan verfügen seit Jahrzehnten über Warnsysteme - doch immer wieder kommt es zu Fehlalarm. Am 15. November 2006 etwa löste ein schweres Seebeben in beiden Ländern einen Tsunami-Alarm aus. In Japan veröffentlichten Radio- und Fernsehstationen umgehend eine Liste von mehreren hundert bedrohten Orten. Dort wurden Züge gestoppt und Tausende evakuiert. Schließlich schwappten aber nur 30-Zentimeter-Wellen an die Strände.

Nordkalifornien entging am selben Tag nur per Zufall einer Katastrophe: Zwar hatte die Ortschaft Crescent City rechtzeitig eine Warnung erhalten; alle Bewohner waren zunächst vor dem ein Meter hohen Tsunami in Sicherheit gebracht worden. Doch zwei Stunden später folgten zwei Meter hohe Tsunamis. Vor ihnen war nicht gewarnt worden. Hätte in Crescent City nicht zufällig Niedrigwasser geherrscht, wäre das Wasser vermutlich weit ins Landesinnere vorgedrungen. So blieb es bei Sachschäden von mehr als 500.000 Euro.

© SZ vom 5. April 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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