Tierseuchen:Das Virus vor den Toren

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Bei der Jagd geht es heute nicht mehr allein um Nahrungsbeschaffung - der Forstbetrieb will vielmehr ein Gleichgewicht zwischen Wald und Wild schaffen. (Foto: Gregor Fischer/dpa)

Die Schweinepest grassiert in Europa. Bislang ist Deutschland noch verschont geblieben. Doch das Virus könnte jederzeit über die Grenzen springen. In Belgien sind bereits Fällen aufgetreten, ebenso in Osteuropa. Doch es besteht Hoffnung.

Trotz der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest nach Westeuropa ist Deutschland bislang von der Seuche verschont geblieben. Mit dem Nachweis der Erreger in Belgien bestehe aber ein zusätzliches Einschleppungsrisiko durch wandernde Wildschweine, sagte der Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit (FLI), Franz Conraths. Der Ausbruchsherd in Belgien, wo bislang 135 tote Wildschweine mit dem Erreger entdeckt wurden, liegt nur etwa 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt - im Gegensatz zu den Seuchenfunden in Polen und Tschechien mit einer Entfernung von 300 beziehungsweise 400 Kilometer zur deutschen Grenze. "Hauptrisikofaktor für die Ausbreitung bleibt aber - über die Verfütterung oder Entsorgung von kontaminierten Speiseresten - der Mensch", betonte Conraths.

Wegen der drohenden Einschleppung der Seuche nahmen die Jäger die Wildschweine in der abgelaufenen Jagdsaison besonders stark ins Visier. In der Saison 2017/2018 wurden nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) 836 865 Wildschweine erlegt und damit 42 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies sei das höchste jemals erzielte Ergebnis. "Die Jäger haben einen erheblichen Teil zur Prävention der Afrikanischen Schweinepest beigetragen", sagte der DJV-Vizepräsident Wolfgang Bethe. Der Verband forderte, das Übertragungsrisiko an Bahnhöfen, Parkplätzen und Grenzübergängen zu verringern, beispielsweise durch verschließbare Abfallbehälter an Rastplätzen oder auch wildschweinsichere Zäune.

Bis Mitte Dezember wurden laut FLI in der EU und der Ukraine mehr als 6500 Fälle der Schweinepest bei Wild- und Hausschweinen registriert. Das entspricht einem Anstieg um mehr als 50 Prozent zum Vorjahr. Alarmierend sind die Zahlen aus Rumänien. Dort registrierten die Behörden 2018 mehr als 1100 der EU-weit etwa 1500 Fälle in Hausschweinbeständen. Dabei handele es sich vorwiegend um Kleinhaltungen von weniger als 100 Tieren, wo offenbar kontaminierte Speisereste an die Schweine verfüttert wurden.

Die Zahl der von der Seuche betroffenen EU-Staaten hat sich innerhalb eines Jahres mit neuen Fällen in Ungarn, Bulgarien und Belgien von sechs auf neun erhöht. "Es scheint so, dass wir uns für eine gewisse Zeit an die Präsenz der Seuche in Europa gewöhnen müssen", sagte Conraths. Auch weltweit verbreitet sich die Seuche weiter. So meldeten 2018 etwa auch China und Japan Fälle der Afrikanischen Schweinepest.

Doch es gibt erste Hoffnungsschimmer. Im Osten Estlands scheint sich die Lage zu beruhigen. "Wir beobachten, dass es dort inzwischen mehr Wildschweine mit Antikörpern gibt und keine Tiere mehr gefunden werden, in denen das Virus nachgewiesen wird", sagte Conraths. Die Antikörperträger seien Tiere, welche die Seuche überlebt haben. Allerdings sei bislang unklar, ob diese Antikörper die Tiere vor einer neuen Infektion schützen, schränkte der Experte ein. Zudem könnte die Seuche auch wieder aufflammen, wenn neue Wildschwein-Generationen nachwachsen.

Bislang gibt es keinen Impfstoff gegen die Schweinepest. Doch berichten spanische Forscher von ersten Erfolgen bei der Impfstoffentwicklung mit einem Lebendvirus. "Wir sehen mit großer Spannung auf die Untersuchungen der Kollegen", sagte Conraths. Zuversichtlich stimme auch, dass in Tschechien seit April 2018 kein infiziertes Schwein mehr gefunden wurde. Das dortige Bekämpfungssystem mit der Einrichtung von abgeriegelten Kernzonen und darum ringförmig angelegten Pufferzonen hat sich nach Einschätzung des FLI bislang als wirkungsvoll erwiesen.

© SZ vom 28.12.2018 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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