Teleportation:Ein Hauch von "Enterprise"

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Wissenschaftler-Teams aus Kopenhagen und Garching haben erstmals einen Transport der Eigenschaften zwischen Licht und Materie verwirklicht. Das neue Experiment ist ein wichtiger Schritt hin zum Quantencomputer.

Christopher Schrader

Wenn Physiker von Teleportation sprechen, dann sehen viele Zuhörer das Raumschiff Enterprise vor dem inneren Auge.

Die Besatzung des Fernseh-Raumschiffs "beamte" sich selbst regelmäßig auf fremde Planeten.

Tatsächlich aber arbeiten die Forscher hart daran, diese Assoziation hinter sich zu lassen und den berührungslosen Transport der Eigenschaften von Licht und Materie (die Zusammensetzung in einem Körper wäre so eine Eigenschaft) zum Alltag werden zu lassen.

"Teleportation wird wahrscheinlich ein unverzichtbares Element jedes zuverlässigen Systems sein, das Quanteninformation verarbeiten soll", also zum Beispiel eines Quantencomputers, schreiben zwei Physiker von der Harvard-Universität in der aktuellen Ausgabe von Nature.

Sie loben damit den Erfolg eines Teams aus Kopenhagen und Garching, das soeben erstmals die Teleportation zwischen Licht und Materie, in diesem Fall zwischen einem Laserstrahl und einer Ansammlung von Atomen verwirklicht hat ( Nature, Bd. 443, S. 557, 2006).

Wichtiger Schritt in Richtung Quantencomputer

Zwischen Licht und Licht sowie zwischen Materie und Materie war das vorher schon gelungen.

Das neue Experiment aber sei ein wichtiger Schritt hin zum Quantencomputer, sagen die Kommentatoren von Harvard. In einem solchen Rechner könnten eines Tages Atome die Speicher und Lichtstrahlen die Leiterbahnen ersetzen.

Den Einsen und Nullen, mit denen herkömmliche Computer Information darstellen, entsprächen Eigenschaften wie die Ausrichtung eines magnetischen Moments ("Spin") oder die Polarisation, also die Schwingungsrichtung, von Licht.

Die nun erfolgte, erste eigentliche Teleportation hat die dänisch-deutsche Gruppe um Eugene Polzik vom Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen mit einer komplexen Apparatur vorbereitet. Etwa eine Billion Cäsium-Atome wurden bei Raumtemperatur in einer kleinen Zelle eingeschlossen; ein Magnetfeld richtete die Spins gleichförmig aus.

Dann ließen die Physiker einen Laserpuls durch die Zelle zucken. Das führte dazu, dass sich die Spins der Atome und die Polarisation des Lichtstrahls "verschränkten"; dieser Begriff aus der Quantenmechanik bedeutet, dass die Eigenschaften der beteiligten Teilchen innig gekoppelt bleiben, wenn die Partner auseinanderfliegen.

Im Experiment waren das zunächst nur 50 Zentimeter, die Physiker erwarten jedoch, dass größere Distanzen möglich sind. Einen halben Meter von der Zelle mit dem Cäsium nämlich leiteten die Forscher die Teleportation ein: Sie mischten den verschränkten Laserstrahl mit einem zweiten, dessen Polarisation sie auf die Cäsium-Atome übertragen wollten.

An dieser Mixtur aus Licht maßen sie zwei so genannte kanonische Variablen - sie sind vergleichbar mit der Intensität des Lichts und dem Phasenverlauf der zugrunde liegenden Wellen.

Diese Messgrößen übermittelten sie mit gewöhnlichen Kabeln zurück zu der Zelle mit den Cäsium-Atomen. Dort prägte eine Magnetspule den Atomen die Quanteninformation des zweiten Laserstrahls auf.

"Der nächste Schritt, auf den alle gewartet haben"

Die Information aus dem zweiten Laserstrahl konnten die Physiker so mit einer maximalen Genauigkeit von 64 Prozent übertragen. "Mit einer klassischen Methode, also wenn wir die Polarisation gemessen und sie in den Atomen gespeichert hätten, wären maximal 50 Prozent möglich gewesen", sagt Eugene Polzik.

Ignacio Cirac vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching bei München und Koautor der Studie, ergänzt: "Man kann sagen, die Übertragung klappt in zwei von drei Fällen. Für eine technische Anwendung müsste man aber über 90 Prozent erreichen."

Dazu könnten die Forscher zum Beispiel die Zelle kühlen, weil Stöße der Cäsium-Atome der Qualität der Übertragung schaden.

"Wenn das Experiment so geklappt hat, ist das der nächste Schritt, auf den alle gewartet haben", sagt Hans Briegel, der an der Universität Innsbruck Quantencomputer erforscht.

Die Teleportation zwischen Licht und Materie sei nötig, um Quanteninformationen über lange Distanzen zu transportieren. "Dazu braucht man Verstärker, die das Lichtsignal in Materie zwischenspeichern können."

© SZ vom 5.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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