"Tag des Lärms":Jedem dritten Deutschen dröhnen Flugzeuge zu laut

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Lärm plagt drei Viertel der Menschen in Deutschland, macht viele von ihnen sogar krank - und verursacht hohe Kosten.

Unter dem Motto "Echt laut hier" warnen Experten zum internationalen "Tag des Lärms" vor den Folgen einer zu lauten Umwelt für Mensch und Tier. "Es zeigt sich deutlich, dass die Lärmbelastung immer weiter ansteigt, obwohl der Schall an der Quelle reduziert worden ist", sagte Brigitte Schulte-Fortkamp von der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA). Mehr als 100 Aufklärungs-Aktionen sind zum "Tag des Lärms" bundesweit geplant.

30 Jahre Forschung hätten zwar neue Erkenntnisse zum Lärmschutz gebracht, aber viel zu wenig des Erkannten werde umgesetzt, beklagte Schulte-Fortkamp. Vor allem Jugendliche wüssten kaum darüber Bescheid, wie schnell sie ihr Gehör dauerhaft schädigen könnten. So kann ein voll aufgedrehter MP3-Player mehr als 100 Dezibel (db/A) erreichen, schon im mittleren Bereich liegt der Pegel bei 83 bis 82 db/A. Ein Disco-Besuch dröhnt mit bis zu 110 Dezibel ins Ohr. Der medizinische Grenzwert, ab dem das Gehör auf Dauer Schaden nimmt, liegt bei 85 Dezibel.

Auch vier Prozent der Schulanfänger leiden laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bereits an Hochtonschwerhörigkeit. Der Grund: Knallfrösche, Spielzeugpistolen und Trillerpfeifen in Kinderzimmern. Selbst in Kindergärten werde es immer lauter, kritisierte BZgA-Expertin Eveline Maslon. "Die Kinder werden den ganzen Tag mit Lärm berieselt."

Lärm unter Wasser verdoppelt etwa alle zehn Jahre

"Schon drei Dezibel mehr verdoppeln die Belastung für das Ohr", betonte Jutta Versting von der Berufsgenossenschaft Bauwirtschaft. Im Baugewerbe ist die Lärmbelastung wegen der mobil eingesetzten und deshalb schlecht gegen Schall geschützten Maschinen besonders hoch: Der durchschnittliche Wochenpegel kann dort leicht bei mehr als 85 Dezibel liegen - mit Spitzen, die noch viel lauter sind. Die Zahl von 7000 anerkannten Fällen von beruflich bedingter Schwerhörigkeit stagniert seit Jahren. Der Griff zum Gehörschutz ist deshalb seit Februar 2006 schon ab 80 Dezibel Pflicht. Die Bau-Berufsgenossenschaft habe im Jahr 2004 allein an die 7000 Dauerkranken 20 Millionen Euro gezahlt.

Aber auch Verkehrslärm und Fluglärm rauben vielen Menschen Erholung und Schlaf: Ein Drittel aller Deutschen fühlt sich durch Fluglärm belästigt. "Der derzeit vorliegende Entwurf für ein neues Fluglärmgesetz reicht bei weitem nicht aus. Kein Flughafen würde dann leiser werden, als er jetzt ist", kritisierte Ulrich Kohnen vom Verkehrsclub Deutschland. Ein Grund: Die Flugzeuge seien zwar leiser, aber viel zahlreicher geworden. Der Gesamtaufwand für Lärm-Sanierungen in den nächsten zehn Jahren wird laut der Gesellschaft für Akustik auf rund 600 Millionen Euro geschätzt.

Doch nicht nur Menschen leiden: Die akustisch extrem sensiblen Wale und Delfine können sich durch den auch unter Wasser zunehmenden Lärm immer schwerer orientieren - und stranden beispielsweise. "Die Wirkung reicht von kurzfristigen Störungen bis hin zum direkten Tod der Tiere", sagte der Meeresbiologe Karsten Brensing von der Wal- und Delfinschutzorganisation WDCS. Der Lärm unter Wasser verdoppele sich etwa alle zehn Jahre. "Wir fordern deshalb, dass für die eingesetzten Geräte, etwa bei der Rohstoffförderung, Lärmschutzbestimmungen gelten müssen."

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