Spurensicherung:Zwischen den Rillen gelesen

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Ist es ein Raucher, trägt er Parfüm? Fingerabdrücke offenbaren nach neuesten Erkenntnissen sogar den Lebensstil eines Täters.

Andreas Grote

Vorbei sind die Zeiten, in denen Kriminologen nur mit Puder und Lupe auf die Suche nach Fingerabdrücken gingen. Moderne Fahnder arbeiten mit Antikörpern, Nanopartikeln und Digitalscannern, um den Abdrücken der Fingerkuppen weit mehr Information zu entlocken, als bislang bekannt war und als es einem Täter lieb sein kann. Auf einer Veranstaltung des Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC) in London konnte Sue Jickells vom Kings College vorführen, dass der Fingerabdruck nicht nur das klassische Rillenmuster liefert, sondern auch wertvolle chemische Information. Mit seinem Fingerabdruck hinterlässt jeder Mensch auch eine Reihe spezifischer Fettsäuren und Stoffwechselprodukte, deren Menge und Zusammensetzung Rückschlüsse auf das Alter und den Lebensstil ermöglichen.

So hinterlassen Kinder, Erwachsene und ältere Menschen jeweils ganz unterschiedliche Profile von Fettsäuren. "Auch konnten wir den Stoff Kotinin in Fingerabdrücken finden, der immer dann entsteht, wenn der Körper Nikotin verstoffwechselt", erläutert Jickells. "Das sagt uns, ob wir es mit einem Raucher zu tun haben." Als nächstes will Jickells in Entzugskliniken Fingerabdrücke von Drogenabhängigen sammeln und untersuchen, ob sich deren Abbauprodukte ebenso im Fingerabrduck nachweisen lassen. Bislang konnten Forscher nur Reste von Substanzen nachweisen, mit denen der Täter zuletzt Kontakt hatte, wie beispielsweise Drogen oder Sprengstoff.

Suche nach Bevölkerungsgruppen einschränken

Daneben wies Jickells jetzt auch Spuren von Kosmetika und Aftershave nach. Diese verfliegen allerdings nach wenigen Stunden. Zuverlässiger sei daher der Nachweis von Stoffwechselprodukten, da sie direkt aus dem Körper des Fingerabdrucklassers stammen. Alle Erkenntnisse zusammengenommen weisen zwar nicht auf eine konkrete Person hin, aber die Ermittler haben einen deutlichen Hinweis, aus welcher Bevölkerungsgruppe der Gesuchte stammt und können so die Suche einschränken.

Auf der gleichen Veranstaltung präsentierte David Russell von der University of East Anglia bereits einen Schnelltest, der untersucht, ob ein Fingerabdruck von einem Raucher stammt. Er beschichtete hierzu Nanopartikel aus Gold mit einem Kotinin-Antikörper und versah die Moleküle mit einem fluoreszierenden Protein. Die Lösung wird auf einen Fingerabdruck geträufelt. Leuchten die Partikel unter Lichtbestrahlung auf, dann weist das auf einen Raucher hin.

Ein weiteres Problem der Ermittler hat Neil McMurray von der Universität Wales in Swansae gelöst. Bislang war es schwierig, auf Oberflächen, die nicht durchgehend eben sind, verwertbare Abdrücke abzunehmen. Zudem verglühen die Spuren auf abgeschossenen Revolverkugeln oder Resten von explodierten Bomben bei mehr als 500 Grad Celsius. McMurray misst daher mit Hilfe einer Raster-Kelvin-Sonde kleine Veränderungen im Oberflächenpotential von Metall, die durch elektrochemische Reaktionen ausgelöst werden, wenn die Finger die Oberfläche berühren. Auf dieser Rasteraufnahme sind plötzlich Fingerabdrücke erkennbar, die noch vor einigen Monaten als nicht nachweisbar gegolten hätten. McMurray will jetzt die Technik auf ein kleines tragbares Gerät bringen, das direkt am Tatort Fingerabdrücke elektronisch erfasst.

© SZ vom 11.4.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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