Sicherheit:Der Mensch als Ausweis

Lesezeit: 3 min

Körpermerkmale sind fälschungssicher: Die Biometrie verändert die Kontrollsysteme.

Michael Lang

Es gehört zum Wesen vieler Verbrecher, dass sie sich einen oder mehrere Künstlernamen zulegen. Dazu gehören die passenden Identitätspapiere, allesamt gefälscht.

Dem geschulten Blick eines Polizisten sollte ein gefälschter Ausweis nicht entgehen. In der Praxis gelingt es Terroristen und Mafiosi, aber auch ganz gewöhnlichen Kriminellen immer wieder, ihre Identität zu verschleiern. Dokumente sind fälschungsanfällig.

Um die Zugangskontrollen auf Flughäfen zum Beispiel sicherer zu machen, käme dabei auch ein ganz neuer Ausweis in Betracht: der menschliche Körper.

Iris, Stimme, Geruch ...

Es gibt eine ganze Reihe von so genannten biometrischen Merkmalen, über die man identifiziert werden kann. Der Fingerabdruck ist wohl das bekannteste. Individuelle Erkennungszeichen sind auch Iris, Stimme, Geruch und Handkontur, aber auch die Körpersprache anhand von Mimik und Gang.

Körpermerkmale digitalisieren

Das Prinzip ist bei allen Verfahren gleich: Ein Körpermerkmal wird abgetastet, digitalisiert und mit vorhandenen Referenzdaten abgeglichen. Diese liegen entweder in verschlüsselter Form auf einer Chipkarte vor oder sind Bestandteil einer großen Datenbank.

Sensoren für den Fingerabdruck

Am verbreitesten ist der Fingerabdruck, für den bereits Sensoren im Einsatz sind. Besonders kritische Bereiche wie etwa dem Zugang zu einem Geldautomaten überlassen Experten zurzeit noch nicht dem Fingerabdruck. Weltweit arbeiten Unternehmen wie etwa Texas Instruments in Amerika jedoch daran, die Sicherheit dieses Systems zu erhöhen.

Probleme mit der Hand

Eine Alternative zum Fingerabdruck stellt die Erkennung der ganzen Hand dar. Obwohl es dieses System bereits seit langem gibt, konnte es sich in der Praxis nicht durchsetzen. Denn nur, wenn die Hand exakt auf einem Sensor positioniert ist, können die Daten erfasst werden. Konstruktionen mit Führungsstäben, an denen die Hand angelegt werden muss, lassen erahnen, wie umständlich die Verfahren ist. Zudem ist ein solches System leicht zu überlisten, etwa mit einem Gipsabdruck.

Einen Schritt weiter geht hier die Lebenderkennung, wie sie zum Beispiel Siemens im Rahmen eines vom Forschungsministerium geförderten Projektes untersucht. Dabei wird die Öffnungs- und Schließbewegung der Hand festgehalten und mit Referenzdaten verglichen. Dieses System erfordert jedoch einen enorm hohen Rechenaufwand.

Die Sprache

Für elektronische Bankgeschäfte, wie sie in den nächsten Jahren verstärkt erwartet werden, könnte die Sprecherverifikation als Identifizierung dienen. Auch dieses Verfahren vergleicht das Sprachmuster einer Person mit Referenzdaten. Damit das System nicht von einem Tonbandmitschnitt der Stimme überlistet werden kann, lassen sich die Entwickler verschiedene Tricks einfallen. Per Zufallsgenerator erzeugte Wörter, Sätze oder Zahlen müssen dabei nachgesprochen werden.

Zuverlässig: Iris-Identifikation

Als besonders zuverlässig gilt unter Experten die Iris-Erkennung. Sie soll zum Beispiel an Geldautomaten das Eintippen einer Geheimzahl ersparen und wird auch für den Check-In in Flughäfen diskutiert. Ob die Bevölkerung jedoch ihr Augenlicht einem Laserstrahl aussetzen möchte, der die Iris abtastet, bleibt fraglich. Neue Sicherheitssysteme müssen auch Akzeptanz finden.

Der Bart wird durchschaut

Als Alternative bietet sich die Gesichtserkennung an. Damit lässt sich zum Beispiel überprüfen, ob das Bild in einem Ausweis mit seinem Besitzer übereinstimmt. Das Passfoto wird eingelesen, zeitgleich fertigt eine Videokamera ein Bild des zu Kontrollierenden an. Beide Fotos können im Computer an Ort und Stelle miteinander verglichen werden. "Der Computer macht im Prinzip das Gleiche wie ein Zollbeamter, nur dass er noch mehr Details unterscheiden kann", sagt Norbert Wendt, Vertriebsleiter bei ZN Vision Technologies, einer Spezialfirma für Gesichtserkennung. Für ein zuverlässiges Ergebnis müssen zwei Drittel aller Gesichtsmerkmale erfasst sein. Ist dies der Fall, hilft es nicht einmal, wenn man sich im Urlaub einen Bart wachsen ließe, erklärt Wendt.

Das System der Gesichtserkennung erlaubt aber nicht nur, eine Person mit dem Bild auf ihrem Ausweis zu vergleichen. "Ich gehe davon aus, dass die Behörden unsere Passbilder archiviert haben", sagt Wendt. Dann wäre auch der Abgleich mit einer riesigen Datenbank möglich, um einen Verbrecher zu erfassen. In Amerika hat die Polizei die Gesichtserkennung bereits in der Praxis getestet. Beim Superbowl - dem Finale der Football-Meisterschaft - wurden alle Zuschauer gefilmt und mit einer riesigen Verbrecherkartei verglichen.

Protest der Datenschützer

Die Datenschützer dagegen protestierten. Allerdings fand die Polizei bei dieser Aktion keinen einzigen Verdächtigen. Die neue Technik hat noch ihre Grenzen.

© SZ vom 19.09.2001 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: