(SZ vom 19.09.2003) - Nach den Berechnungen Marcelo Sánchez-Villagras von der Universität Tübingen war Phoberomys pattersoni, ein Vorfahr heutiger Meerschweinchen, rund 700 Kilogramm schwer und mächtig wie ein Büffel. Über dessen Fossilien berichteten Wissenschaftler im Fachmagazin Science berichten (Bd. 301, S.1708).
Das größte heute lebende Nagetier, das südamerikanische Wasserschwein (Capybara), wiegt kaum mehr als einen Zentner. Anders als die heimischen Meerschweinchen lief Phoberomys eher hochbeinig, sonst wäre die Masse nicht zu stemmen gewesen. Die Vorderbeine waren etwas schwächer ausgelegt, die hinteren dafür kräftiger.
Der Riesennager lebte im Miozän, einer Hochzeit der Korn- und Grasfresser. "Die Vorfahren der Meerschweinchen wurden damals, als es noch keine Verbindung zwischen Nord- und Südamerika gab, unzählige Male abgewandelt, um unterschiedliche ökologische Nischen zu besetzen", erklärt die Zoologin Andrea Mess vom Berliner Humboldt-Museum.
Seine Größe diente der Anpassung an den Nahrungstyp, vermutet Robert McNeill Alexander von der Universität Leeds. "Ein großer Pflanzenfresser mit seinem deutlich größeren Magen schafft es besser, Energie aus den schwer verdaulichen faserreichen Grashalmen zu quetschen."
Ausgestorben sind die Riesennager womöglich, weil vor drei Millionen Jahren plötzlich Konkurrenten über die geschlossene Landbrücke von Nordamerika kamen.
(sueddeutsche.de)