RNA-Interferenz:Gene gezielt ausschalten

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Die mit dem Medizin-Nobelpreis 2006 ausgezeichnete RNA-Interferenz hat Genetikern ein gänzlich neues Werkzeug in die Hand gegeben. Im Prinzip können sie damit jede gewünschte Erbanlage ausschalten und ihre Wirkung untersuchen.

Bereits jetzt findet die RNA-Interferenz viele Anwendungen im Labor und hilft nach der Entzifferung des Erbguts unter anderem dabei, die Funktion der rund 25.000 bis 30.000 Gene des Menschen zu klären.

Die Erbanlagen des Menschen liegen - wie bei allen anderen höheren Organismen - im Kern der Zelle, auf dem Erbmolekül DNA. Wenn die Zelle eines der Gene abliest, fertigt sie dafür zunächst eine Abschrift der gewünschten Erbanlage, die mRNA (messenger- Ribonukleinsäure, "Boten"-RNA).

Nur diese Boten-RNA verlässt den Zellkern. Die Abfolge der chemischen Bausteine darauf bestimmt darüber, welches Protein nach dieser Vorlage entsteht und seine Wirkung im Organismus entfalten kann. Die Boten-RNA entsteht stets als ein einzelner Strang, während die DNA doppelsträngig vorliegt.

Mello und Fire spritzten ihren Versuchstieren - winzigen Fadenwürmern - zusätzliche, künstliche RNA-Moleküle. Im Gegensatz zum Original sind diese zweisträngig und erinnern an eine Strickleiter. Die einsträngige Original-RNA sieht eher aus wie eine Strickleiter, deren Sprossen durchgesägt wurden.

Proteinproduktion wird unterbrochen

In der Folge bauten die Zellen des Wurmes sowohl das irreguläre doppelte als auch das normale einsträngige RNA-Molekül ab. Damit war die Blaupause vernichtet, das zugehörige Protein blieb aus. Diese künstliche Störung der zelleigenen Proteinproduktion trägt den Namen RNA-Interferenz (RNAi).

Der bei Genetikern geschätzte Vorteil des Verfahrens: Wer die Reihenfolge der Original-Bauvorlage kennt, kann die passenden RNA-Doppelstränge herstellen und in die Zelle spritzen. Jedes Gen - oder gleich mehrere - lassen sich so ausschalten. Die Erbsubstanz DNA im Kern der Zelle bleibt dabei vollkommen unberührt - ein weiterer Pluspunkt.

In den folgenden Jahren fanden viele Gruppen heraus, auf welche Weise die Zelle die doppelten RNAs und das einsträngige Original entdeckt und vernichtet. Dabei stellte sich heraus, dass viele Organismen dieses Verfahren auch natürlicherweise nutzen: Viren etwa bringen häufig doppelsträngige RNA-Moleküle mit, die es in der Zelle zu bekämpfen gilt.

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