Ressourcen:Phosphor aus der Asche

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Ein neues Verbrennungsverfahren macht Tiermehl zur Rohstoffquelle. Doch ob daraus auch ein gutes Düngemittel wird, ist fraglich.

Von Andrea Hoferichter

Tierkadaver zu Düngemittel - diese Verwandlung schafft eine neuartige Verbrennungsanlage, die Forscher aus Magdeburg entwickelt haben. Als Ausgangsmaterial nutzen die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Tiermehl aus Schlachtabfällen, in denen reichlich Phosphor steckt. Die Substanz ist ein unverzichtbarer Rohstoff für alles Lebendige und eine stark begrenzte Ressource. Je nach Schätzung reichen die globalen Reserven nur noch für 50 bis 200 Jahre.

Deshalb spricht vieles für Phosphorrecycling - auch aus ungewöhnlichen Quellen. "Wir können den Phosphorgehalt von drei bis vier Prozent im Tiermehl auf 16 Prozent in der Asche anreichern", sagt Fraunhofer-Forscher Patric Heidecke. Der Anteil entspreche dem Phosphorgehalt natürlicher Lagerstätten. Man könnte die phosphorreiche Asche anschließend in Dünger verwandeln und so in den Nahrungsmittelkreislauf zurückbringen. "Rechnerisch ließen sich so rund fünf Prozent des jährlichen Phosphat-Düngemittelbedarfs in Deutschland decken." Gleichzeitig könne die Verbrennungswärme genutzt werden. Ein Industriepartner wolle diese Vorteile schon bald in großem Stil nutzen.

In ihrem Labor füllen die Wissenschaftler das Mehl in ein vier Meter hohes Stahlmonster namens Wirbelschichtanlage. Drinnen wirbelt ein Luftstrom das Mehl und heißen Quarzsand kräftig durcheinander, bis sich die Mischung entzündet und zunächst alle organischen, also kohlenstoffhaltigen Verbindungen verbrennen. Der heiße Rest wird in einen sogenannten Zyklon geleitet, an dessen Wänden er spiralförmig nach unten strömt. Dabei werden die phosphorhaltigen Aschepartikel abgebremst. Sie lösen sich aus dem Gasstrom und fallen nach unten. Feinere Ascheteilchen und gasförmige Schwermetalle wiederum werden oben abgeschöpft und entsorgt.

Verbrennung oder Pyrolyse? Entscheidend ist am Ende, gut wie das Produkt als Dünger taugt

Peter Leinweber von der Universität Rostock hält allerdings nichts davon, Tiermehl zu verbrennen. Stattdessen favorisiert er, reines Knochenmaterial unter Sauerstoffausschluss zu erhitzen. Bei dieser Pyrolyse entsteht Aktivkohle, die als Bodenverbesserer Schwermetalle binden und bestimmte Mikroorganismen unschädlich machen kann, sagt Leinweber. Das belegen mehrere international veröffentlichte Studien der Rostocker Wissenschaftler. "Die Düngewirkung ist allerdings nicht so gut wie die von gängigen Phosphordüngern", räumt er ein. Die enthaltenen Phosphate werden von Pflanzen nur langsam aufgenommen. Eine Studie seines Teams, die kürzlich im Journal of Plant Nutrition and Soil Science veröffentlicht wurde, deutet darauf hin, dass sich das Problem durch Zugabe schwefelhaltiger Verbindungen lösen lässt. Das wollen die Forscher jetzt noch genauer untersuchen.

Wie gut der Phosphor aus der Magdeburger Tiermehlasche von Pflanzen aufgenommen und verwertet werden kann, ist noch unklar. Zwar sind die nach IFF-Angaben darin enthaltenen Natrium-Kalziumphosphate grundsätzlich besser löslich als reine Kalziumphosphate aus Knochen. Doch in einem vom Bundeslandwirtschaftsministerium veröffentlichten Vergleichstest schnitten unbehandelte Tiermehlaschen eher schlecht ab. Die Fraunhofer-Forscher wollen sich von solchen Ergebnissen aber nicht entmutigen lassen. "Wir testen gerade, in welcher Form unsere Asche als Phosphordünger taugt", berichtet Heidecke. Womöglich funktioniere die Methode auch für eine kombinierte Verbrennung von Tiermehl und Klärschlamm - ein weiteres, in Deutschland bislang kaum genutztes Phosphor-Reservoir.

© SZ vom 04.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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