Raumfahrt:"Hinaus in die Dunkelheit!"

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Der deutsche Astronaut Thomas Reiter hat zusammen mit seinem US-Kollegen Jeff Williams die ISS zu einem Außeneinsatz verlassen - und ist erfolgreich zurückgekehrt. Dabei wäre er fast nicht hinausgekommen.

Auf dem Programm stand für Thomas Reiter eine Premiere: der Weltraumspaziergang.

Also wollte der Astronaut gemeinsam mit Kollege Jeffrey Williams zu dem Außenbordeinsatz aus der Internationalen Raumstation aussteigen.

Beim Ausstieg stießen die beiden aber auf ein unerwartetes Problem: Die Tür ins All klemmte.

Reiter und Williams hatten sich zunächst in einer Schleuse zwischen Raumstation und Außentür aufgehalten, wo der Druck gemildert wird. Die Außentür ließ sich daher nur schwer öffnen.

"Ich komme nicht dran", meldete Reiter der Bodenkontrolle in Houston (Texas).

"Geht es jetzt besser?", fragte Williams nach weiteren Handgriffen.

Minutenlang hantierten die beiden, dann war es soweit, die Luke sprang auf.

"Hinaus in die Dunkelheit!", ordnete Bodencoach Steve Bowen an.

Um 16.04 Uhr MESZ schalteten die beiden Astronauten die Batterien ihrer Raumanzüge ein. Das ist immer der offizielle Beginn der Mission.

Die "Nabelschnur" zur Station wurde gekappt, und von da an schwebten Williams und Reiter wie eigenständige Raumschiffe im Weltall. Williams stieg als "EV 1" als Erster aus der Luke, in einem Anzug mit roten Streifen.

Um 16.25 Uhr MESZ folgte Reiter, im NASA-Jargon "EV 2", in einem weißen Anzug ohne Streifen, zur besseren Unterscheidung. "Ich würde sagen: Ready to go", sagte Reiter in Englisch mit einem unverkennbar deutschen Akzent.

Tag, Nacht, Tag, Nacht

Dann hangelten sich die beiden Astronauten an der Außenwand der Station entlang. Die Weltraumbehörde NASA übertrug den Einsatz live, unter anderem mit eingebauten Helmkameras.

In der Schwerelosigkeit sah es so aus, als bewegten sich die Astronauten in ihren dicken Anzügen in Zeitlupe. Der Eindruck täuscht jedoch.

Die Raumstation rast mit 28.000 Kilometern in der Stunde um die Erde. Alle 90 Minuten wird es für die Astronauten Tag und Nacht.

Reiter und Williams mussten unter anderem ein Gerät installieren, das die Aufladung der Station messen soll.

"Achteinhalb Drehungen" wies die Bodenkontrolle Reiter an, der zwei Bolzen loszudrehen hatte. Kein einfaches Unterfangen in den dicken Weltraum-Handschuhen. "Das ist manchmal so, als müsse man mit Skihandschuhen einen Faden in die Nadel fädeln", sagte ein NASA-Sprecher. Doch Reiter hat die Handgriffe seit fünf Jahren geübt.

Der Flugingenieur stieg schon zwei Mal aus der russischen Raumstation "Mir" aus. Das war vor elf Jahren, doch hat sich die Technik nach NASA-Angaben wenig geändert.

Die Astronauten tragen einen Motor im Rucksack, mit dem sie sich im Falle eines Falles aus eigener Kraft zur Raumstation zurück katapultieren könnten. Das so etwas mal nötig sein könnte, hält die NASA allerdings für fast ausgeschlossen.

90 Minuten eher als geplant beendeten die Astronauten ihren Außeneinsatz. Nach weniger als fünf Stunden kehrten die Astronauten nach Ausbauarbeiten an der ISS-Außenwand und der Montage verschiedener Geräte zurück. Der 69. Außenbordeinsatz an der ISS galt vor allem Arbeiten am Kühlsystem und der Beseitigung fehlhafter Instrumente.

Die European Space Agency und das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt bot einen Online-Blog mit Informationen zum Außenbordeinsatz von Thomas Reiter. Die Autoren werden zusammen mit dem ESA-Astronauten Reinhold Ewald Bilder, Kommentare und Hintergrundinformationen zum Ablauf des Einsatzes bereitstellen. Den Blog gibt es auf HIER auf Deutsch und auf HIER auf Englisch.

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