Raumfahrt:Heimtrainer fürs All

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Im Dienst der Forschung lagen 20 Männer monatelang im Bett.

Von Birgit Will

Von den zahllosen Hindernissen, die einem bemannten Flug zum Mars noch im Wege stehen, scheint zumindest eines ausgeräumt: Der Schwund an Muskeln und Knochen während der zweijährigen Reise durchs All ließe sich mit einer neuartigen Trainingsmethode größtenteils vermeiden, sagten Berliner Forscher zum Abschluss eines gut einjährigen Forschungsprojekts.

Ohne Training wären die ersten Schritte auf dem fremden Planeten ein schier aussichtsloses Unterfangen: Muskeln im Bein und Beckenbereich schwinden unter Schwerelosigkeit unweigerlich dahin.

"Bisherige Trainingsmethoden haben das Problem nicht in den Griff bekommen", sagt Dieter Felsenberg vom Zentrum für Muskel- und Knochenforschung an der Berliner Charité gestern auf einer Pressekonferenz.

Muskelleistung eines 10000-Meter-Laufes

Aus diesem Grund haben die Berliner Forscher 20 junge Männer ausgewählt, die sich während des vergangenen Jahres freiwillig in eine Art Schwerelosigkeit begeben haben. Sie verbrachten jeweils zwei Monate nahezu bewegungslos im Bett.

Dabei trainierte eine Hälfte der Probanden täglich vier Minuten lang die Beinmuskulatur, indem sie die Beine gegen eine vibrierende Platte presste. Mit 1600 Schwingungen pro Minute verlangte das Gerät "Galileo 2000" den Bett-Astronauten dabei die Muskelleistung eines 10000-Meter-Laufes ab.

Der Effekt war deutlich: Während die andere Hälfte der Männer während des simulierten Raumfluges 40 Prozent ihrer Beinmuskeln einbüßte, betrug der Muskelschwund der Trainierten nur 10 Prozent.

Knochenschwund im Alter mit gezieltem Training aufhaltbar

Auch der Verlust am Skelett ließ sich mit dem Rüttelgerät begrenzen. Während die untrainierten Berliner Probanden vier Prozent ihrer Knochenmasse verloren, waren es bei den trainierten Teilnehmern nur ein halbes Prozent.

"Ein Knochen ist ein dynamisches Gebilde, er passt sich an die ihm auferlegte Belastung an", erläutert Felsenberg. Das Ergebnis der 1,4 Millionen Euro teuren Studie sei daher auch für die Behandlung von Osteoporose relevant: Der Knochenschwund im Alter lasse sich auch mit gezieltem Training aufhalten.

Speziell für den Raumflug sei der Vibrations-Trainer durch die hohe Belastung in kurzer Zeit allen bisher erprobten Methoden überlegen, sagte Felsenberg . "Im Prinzip ", sagt der Sportmediziner Jörn Rittweger, der ebenfalls an der Berliner "BedRest"-Studie beteiligt war, "können wir damit Leute auf den Mars schicken."

© SZ vom 27.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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