Primaten-Mathematik:Die Rechner der Kokosnuss

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Zwei Psychologinnen von der Duke University in North Carolina sagen, sie hätten "den definitiven Beweis" dafür erbracht haben, dass Affen rechnen können.

Hanno Charisius

Affen beherrschen offenbar Grundzüge der Mathematik. So wollen die beiden Psychologinnen Jessica Cantlon und Elizabeth Brannon von der Duke University in North Carolina "den definitiven Beweis" dafür erbracht haben, dass Affen rechnen können.

Rhesusaffen lösen einfache Rechenaufgaben fast so fehlerfrei wie Studenten. (Foto: Foto: AP)

In ihrer Untersuchung lösten die beiden Rhesusaffen-Weibchen Feinstein und Boxer einfache Rechenaufgaben fast so fehlerfrei wie Studenten. Die Menschen fanden in etwa 95 Prozent der Fälle das korrekte Ergebnis, die Affen lösten etwa 75 Prozent der Aufgaben.

Beide Gruppen brauchten etwa gleich lang, um ihre Lösung zu finden. Damit sei gezeigt, dass ein grundlegendes mathematisches Verständnis sehr früh in der Evolution entstanden sein muss, schreiben die beiden Psychologinnen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift PLoS (Bd. 5, e328). "Unsere Daten zeigen, dass nicht nur Menschen eine Vorstellung von Arithmetik haben."

Die Forscherinnen setzten ihren Versuchsteilnehmern allerdings keine Ziffern vor, sondern zeigten ihnen Symbole auf berührungsempfindlichen Bildschirmen. Eine typische Aufgabe sah etwa so aus: Die Probanden bekamen eine halbe Sekunde lang fünf Punkte zu sehen, dann eine halbe Sekunde gar nichts und anschließend wieder für die gleiche Zeitspanne ein Bild mit drei Punkten.

Auf dem nächsten Bild mussten sie sich dann zwischen einem Kästchen mit vier oder einem mit acht Punkten entscheiden und das entsprechende Feld berühren. Insgesamt gab es 40 solcher Additionsaufgaben. Vor der Prüfung lösten die Rhesusaffen 10.000 Aufgaben zur Übung. Bei einer richtigen Lösung bekamen sie Fruchtsaft zur Belohnung. Die Menschen traten ohne vorheriges Üben an und bekamen für die Teilnahme zehn Dollar.

Sowohl die Affen als auch die zwölf Studenten in der Vergleichsgruppe taten sich umso schwerer, je näher die beiden Lösungsvorschläge beieinander lagen. "Wenn die richtige Summe elf und das Kästchen mit der falschen Lösung zwölf Punkte gezeigt hat, brauchten beide Gruppen länger und machten mehr Fehler", sagt Jessica Cantlon.

Bereits vor einigen Tagen hatten die beiden japanischen Primatenforscher Sana Inouea und Tetsuro Matsuzawaa von der Universität Kyoto weitere Belege für die Hypothese geliefert, dass Affen eine Vorstellung von Arithmetik haben. Im Fachjournal Current Biology (Bd. 17, S. R1004) hatten sie über die erstaunlichen Gedächtnisfähigkeiten von Schimpansen berichtet. In einem Test, in dem sich Menschen und Affen Zahlenreihen einprägen mussten, schnitten insbesondere die Jungtiere besser ab als die Studenten in der Vergleichsgruppe.

Die Forscher hatten sechs Schimpansen darin unterrichtet, die Ziffern 1 bis 9 auf einem Bildschirm in der richtigen Reihenfolge anzutippen. Auch sie wurden belohnt wenn sie die Aufgabe erfolgreich erledigt hatten. Nach dieser Anlernphase wurde der Versuch erschwert, die Ziffern wurden durch weiße Quadrate verdeckt, sobald die Tiere mit dem Tippen begannen. Und trotzdem waren sie bald in der Lage, sich die ursprünglichen Positionen der zufällig auf dem Bildschirm angeordneten Ziffern zu merken und in der richtigen Reihenfolge anzutippen.

Je kürzer die Ziffern sichtbar waren, desto mehr Fehler machten die Menschen und die älteren Tiere. Die Jungtiere scheinen hingegen ein fotografisches Gedächtnis zu haben. Auch Kleinkinder verfügen über ein solches Erinnerungsvermögen, es geht aber mit dem Alter verloren. Womöglich, so die Forscher, sei das Zahlengedächtnis der jungen Schimpansen nur ein Teil ihrer Anpassungsfähigkeit.

© SZ vom 18.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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