Neurologie:Querschnittsgelähmter bewegt Hand mit seinen Gedanken

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  • Ein Chip im Hirn eines Querschnittsgelähmten setzt Hirnaktivitäten in Bewegungen um.
  • Die Entwickler nennen die Technologie "Nerven-Bypass".
  • Noch ist unklar, ob das Verfahren praktische Anwendung findet.

Ian Burkhart sollte nie wieder seine Hände benutzen können. Die Diagnose der Ärzte: Tetraplegie. Arme und Beine sind nach einer schweren Verletzung des Rückenmarks ohne Antrieb, er ist vom Hals abwärts gelähmt. Doch jetzt, sechs Jahre nach seinem Tauchunfall, kann Burkhart mit seiner Hand ein Videospiel spielen.

Alleine durch seine Gedanken bewegt der querschnittsgelähmte Amerikaner seine rechte Hand. US-Forscher vom Battelle Memorial Institute und von der Ohio State University stellen im Fachjournal Nature einen Chip vor, der Hirnaktivitäten in Bewegungen überträgt. So kann Burkhart über Hirnsignale eine Manschette steuern, die bestimmte Muskeln in seinem Unterarm elektrisch stimuliert.

Videospiel mit Gitarre. Für Ian Burkhart ein bewegender Moment. (Foto: Ohio State University Wexner Medical Center/ Batelle)

Dem aus Dublin (US-Bundesstaat Ohio) stammenden Burkhart wurde 2014 ein erbsengroßer Computerchip in jenes Hirnareal eingesetzt, das Bewegungen steuert. Wenn er sich eine Bewegung vorstellt, etwa "die Hand öffnen", dann erzeugt sein Gehirn ein charakteristisches, elektrisches Muster dieser Aktivität. Die Forscher experimentieren dabei mit einer lernfähigen Software, die solche Muster decodieren kann. Das Computerprogramm übersetzt den Gedanken in Echtzeit in Impulse für die Unterarmmanschette, die gezielt Muskelpartien elektrisch stimuliert.

Wireless ist das Ziel

Daraufhin führt die Hand die vorgestellte Bewegung aus. Burkhart ist es - mit viel Training - inzwischen gelungen, aus einer Karaffe einzuschenken, eine Kreditkarte zu handhaben und sogar ein Gitarren-Videospiel zu spielen.

Er habe immer Hoffnung gehabt, seine Hände wieder bewegen zu können, sagt Burkhart. Noch werden die Informationen des Chips per Kabel an einen Computer übertragen - doch das soll sich ändern. "Wir hoffen, dass sich diese Technologie zu einem drahtlosen System entwickeln wird, das Hirnsignale und Gedanken mit der Außenwelt verbindet", sagt Ali Rezai, Neurochirurg an der Ohio State University.

Die Technik ist allerdings noch weit weg von einer Anwendung im Alltag. Burkhart ist der erste Patient weltweit, bei dem sie funktioniert. Im Sommer wollen die US-Forscher mit einem weiteren Patienten das Verfahren testen. Wer weiß: Vielleicht können eines Tages andere querschnittsgelähmte Menschen mit Ian Burkhart gemeinsam Videospiele spielen.

© SZ.de/dpa/fehu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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