Natur:Wenn der Ozean tief Luft holt

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Die Labradorsee versorgt die Weltmeere mit Sauerstoff.

Von Sabina Griffith

Europa verdankt sein mildes Klima vor allem dem nordatlantischen Strom; er führt in der Verlängerung des Golfstroms warmes Wasser nördlich der britischen Inseln und an Norwegens Küste entlang.

Diese "Fernheizung Europas" könne sich durch den Klimawandel abschwächen, fürchten Forscher und suchen deshalb nach Möglichkeiten, den Strom zu überwachen. Als idealer Indikator gilt der im Meerwasser gebundene Sauerstoff. Eine Sauerstoffquelle im Wasser gibt es nicht, Nachschub liefert nur die Atmosphäre.

Wie sich das Gas im Wasser anreichert, sagt also viel darüber aus, wie sich der Ozean durchmischt. Kieler Forscher haben nun eine Methode entwickelt, den Sauerstoff-Haushalt des Meeres zu kontrollieren.

Belüftung zwischen Grönland und Kanada

Sie haben dazu eine Boje in der Labradorsee ausgesetzt, die für die Tiefenzirkulation entscheidend ist. Kaltes, mit Sauerstoff gesättigtes Oberflächenwasser rauscht in dem Gebiet zwischen Grönland und Kanada in die Tiefe und sorgt so für die Belüftung der gesamten Weltmeere.

Es ist eine gewaltige Wasserpumpe, die aber starken saisonalen Schwankungen unterworfen ist, wie die Kieler Ozeanographen beobachtet haben.

Arne Körtzinger und seine Kollegen vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften haben die autark navigierende Boje mit Sauerstoffsensoren ausgestattet und fast ein Jahr lang einmal wöchentlich auf die Reise in die Tiefe geschickt. Von der Oberfläche aus meldete die Boje ihre Daten per Satellit nach Kiel. Das Ergebnis war verblüffend.

Mal war die durchmischte und mit Sauerstoff gesättigte Schicht keine 50 Meter dick, mal mehr als 1400 Meter. "Da hat der Ozean offenbar tief Luft geholt", schreiben Körtzinger und Kollegen (Science, Bd.306, S.1337, 2004).

Weil sich aus dem Vergleich so gewonnener Sauerstoffprofile Rückschlüsse auf klimatisch bedingte Veränderungen der Ozean-Zirkulation ableiten ließen, fordern die Kieler Meeresforscher, in Zukunft mehr solcher Bojen mit Sauerstoffsensoren auszustatten.

Bisher werden derartige Bojen nur zur Bestimmung von Temperatur und Salzgehalt eingesetzt. Insgesamt 1500 von ihnen dümpeln derzeit auf den Weltmeeren. Würde man diese Plattformen zusätzlich für die Sauerstoffbestimmung nutzen, so Körtzinger, hielte man einen der Schlüsselparameter zur Beobachtung globaler Veränderungen in der Hand.

© SZ vom 19.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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