Methusalem-Palme:Das Wunder von Masada

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Aus einem 2000 Jahre alten Samen vom israelischen Festungsberg Masada am Toten Meer ist eine Dattelpalme herangewachsen.

Hanno Charisius

Am 19. Januar 2005 steckte die israelische Botanikerin Elaine Solowey drei Dattelkerne genau einen Zentimeter tief in Töpfe voll steriler Blumenerde. Bei Ausgrabungsarbeiten in der Festung von Masada am Toten Meer waren die Kerne Anfang der 1960er Jahre gefunden worden.

Gekeimt aus einem 2000 Jahre alten Samen. Die Methusalem-Palme. (Foto: Foto: Guy Eisner/Science Magazine)

Einer davon begann unter Soloweys Obhut nach acht Wochen zu keimen, und heute ist der Spross über einen Meter hoch. Nachdem Soloweys Kollege Markus Egli von der Universität Zürich das Alter des Kerns auf etwa 2000 Jahre bestimmt hat, trägt er dem Namen Methusalem. Er ist der älteste Samen der Welt, der je zum Keimen gebracht wurde, schreiben die Forscher in der heutigen Ausgabe von Science (Bd.320, S.1463, 2008).

Der Festungsberg Masadas erhebt sich 434 Meter über den Wasserspiegel des Toten Meeres. Etwa sieben Hektar groß ist sein rautenförmiges Gipfelplateau, auf dem König Herodes wahrscheinlich 40 vor Christus eine Burg anlegen ließ. Sie galt als uneinnehmbar, bis sie im Jahr 73 nach dreijähriger Belagerung fiel.

Laut Überlieferung hatten sich 960 jüdische Zeloten in ihr verschanzt, um den römischen Besatzern zu entgehen. Doch gegen die Übermacht von 15.000 Legionären konnte das Bollwerk nicht bestehen. Der Befehlshaber Flavius Silva ließ den gesamten Berg mit einer Mauer umbauen, bevor er an seiner nur rund 100 Meter hohen Westflanke die noch heute erhaltene Belagerungsrampe aufschütten ließ.

Unter dem Druck der Rammböcke gab die Mauer schließlich nach. Der Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtete, dass es die Belagerten in ihrer aussichtslosen Lage vorzogen, als freie Menschen zu sterben, denn den Römern in die Hände zu fallen.

Datiert mit der Radiocarbonmethode

Heute zweifeln Historiker am Wahrheitsgehalt dieser Überlieferung. Wahrscheinlicher ist, dass einzelne Zeloten ihre Familien und schließlich sich selbst töteten, nachdem sie ihr Hab und Gut verbrannt hatten. Einige werden im Kampf mit den Römern den Tod gefunden haben. Und einige versteckten sich in den Höhlen des Berges, zumindest deuten darauf 25 Skelette hin, die man bei Ausgrabungsarbeiten unter den Ruinen entdeckte. Dort fanden Archäologen auch die Dattelkerne.

Mit Hilfe der sogenannten Radiocarbonmethode konnte Markus Egli das Alter der Samen aus der chemischen Zusammensetzung der Kernhülle des Methusalemkeims sowie zwei weiterer Kerne auf etwa 50 Jahre genau bestimmen. Demnach lagen sie schon einige Jahre in Masada herum, bevor die Festung durch die Römer geschleift wurde. Zu dieser Zeit hätten dichte Wälder von Dattelpalmen das Ufer des Jordan-Flusses gesäumt, schreibt das Forscherteam unter Leitung der Medizinerin Sarah Sallon aus Jerusalem in Science.

"Methusalems Eltern haben die jüdischen Zeloten sicherlich mit Nahrung versorgt", sagt Sallon. Die judäische Dattelpalme wird in den alten Schriften auch als "Baum des Lebens" bezeichnet, weil er die Menschen nicht nur mit Früchten, sondern auch mit Heilmitteln versorgte, wie Sallon vermutet.

Nach ersten genetischen Untersuchungen hat Methusalem etwa die Hälfte der Gene mit heutigen Dattelpalmen gemein. Sollte es sich um eine weibliche Pflanze handeln, will Sallon die Nachzucht der historischen Dattel versuchen, auch um das überlieferte Heilvermögen zu überprüfen. Doch das Geschlecht der Pflanze wird wahrscheinlich erst 2010 erkennbar sein. "Vielleicht", so Sallon, "müssen wir sie dann Frau Methusalem nennen."

© SZ vom 13.06.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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