Meteorologie:Blick in die Wetterküche

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Der europäische Satellit "MetOp" soll die Wettervorhersagen deutlich verbessern. Gemeinsam mit dem US-Satelliten NOAA wird er die Erde aus einer polaren Umlaufbahn beobachten.

Thomas Bührke

Zweimal schon wurde der Start in den letzten Minuten abgebrochen. Am Dienstag soll Europas Hightech-Wettersatellit Metop nun drei Monate verspätet mit einer Sojus-Rakete vom russischen Kosmodrom Baikonur aus ins All starten.

So soll der Metop-Satellit in Betrieb aussehen. (Foto: Grafik: ESA - AOES Medialab)

Seine Bahn wird ihn über beide Pole führen, so dass er das Geschehen in der Wetterküche weltweit verfolgen kann. Das Ziel ist ehrgeizig: Meteorologen wollen mit den Daten, die Metop sendet, die Wettervorhersage über ein paar Tage hinweg deutlich verbessern - vom Frühjahr 2007 an soll das der Fall sein.

Schon heute senden täglich über 20.000 Einrichtungen auf dem Boden, in Schiffen, Flugzeugen und Wetterballonen meteorologische Messwerte an den Deutschen Wetterdienst.

Doch weite Bereiche des Globus sind kaum erschlossen - die Südhalbkugel etwa, die Polgegenden und die Ozeane. Den gesamten Globus können nur Satelliten überblicken. Sie liefern heute rund 90 Prozent aller in den Wettermodellen verwendeten Daten.

Geostationäre Satelliten wie Meteosat umkreisen die Erde über dem Äquator in 36.000 Kilometer Höhe. Dort dauert ein Umlauf um die Erde genau einen Tag, so dass diese Satelliten stets dieselbe Hemisphäre unseres Planeten im Blick haben.

Wegen der großen Entfernung ist die Schärfe der Meteosat-Bilder aber begrenzt, und die Polregionen sind kaum einsehbar. Deshalb benötigen die Meteorologen auch Satelliten, die die Erde auf niedrigeren, polaren Bahnen umkreisen. Sie können kleinere Details erkennen und weltweit Temperatur und Feuchtigkeit in der Atmosphäre bestimmen.

Die USA starteten schon 1988 ihren ersten Wettersatelliten in einen polaren Orbit. Auch Europa sollte sich einem Abkommen von 1998 zufolge an diesem System beteiligen.

Darin einigten sich die Meteorologischen Dienste Eumetsat in Darmstadt und die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in Washington darauf, einander Instrumente zur Verfügung zu stellen und alle Daten in Echtzeit auszutauschen.

Mit Metop erfüllt Europa nun seinen Beitrag zu diesem Abkommen. Am Dienstag um 18.28 Uhr soll er in seine 835 Kilometer hohe Umlaufbahn gelangen, wo er 100 Minuten benötigt, um die Erde einmal zu umkreisen.

Mit einem Dutzend Instrumenten wird der 6,3 Meter lange, 2,5 Meter breite und über vier Tonnen schwere Satellit den blauen Planeten dann untersuchen. Eumetsat und die Europäische Weltraumorganisation Esa haben den 745 Millionen Euro teuren Satelliten gemeinsam finanziert, entstanden ist er unter der Leitung von EADS Astrium in Friedrichshafen.

Während Metop stets am lokalen Vormittag um 9.30 Uhr den Äquator überfliegt, übernimmt sein Kollege NOAA 18 aus den USA die Nachmittagsschicht. Allerdings ist Metop seinem amerikanischen Pendant in seiner Ausstattung weit voraus.

"Die bahnbrechende Neuerung ist das Gerät IASI", sagt Dieter Klaes von Eumetsat. Das Infrared Atmospheric Sounding Interferometer zerlegt das aus der Erdatmosphäre kommende Infrarotlicht spektral in 8000 Kanäle.

Hieraus berechnen Meteorologen die Temperatur bis auf ein Grad Celsius genau; auch können sie den Feuchtigkeitsgehalt und die Konzentrationen von Spurengasen wie Kohlendioxid und Methan messen, sodass sich Wolkenarten unterscheiden lassen.

Die Hälfte aller Daten, die Metop zur Erde funkt, wird allein von IASI kommen. Neuartig ist auch das Radar Ascat der EADS, das die Wellen auf den Ozeanen vermisst. Daraus lassen sich Geschwindigkeit und Richtung des Windes rekonstruieren.

"Metop wird es uns ermöglichen, das Wetter ein bis zwei Tage länger vorherzusagen als heute", sagt Eumetsat-Mann Klaes. Schon gut zwei Stunden nach der Messung sollen alle Nutzer beiderseits des Atlantiks die prozessierten Daten von NOAA 18 und Metop erhalten.

Die Lebensdauer des europäischen Neuzugangs im All wird auf fünf Jahre veranschlagt. Doch zwei weitere, fast baugleiche Metops sind bereits fertig, um ihm nachzufolgen. "Der Datenstrom ist mindestens bis 2020 gesichert", sagt Fred Tanner von EADS Astrium. Für die Zeit danach denken die Meteorologen bereits über eine neue Satellitengeneration nach.

© SZ vom 17.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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