Meeresforschung:Die lange Reise der "Nicole"

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Mit Hilfe von Satelliten haben Forscher den Weg eines Weißen Hais zwischen Australien und Südafrika beobachtet.

Amerikanische Meeresbiologen haben erstmals bewiesen, dass es eine Verbindung zwischen Weißen Haien vor Australien und Südafrika gibt.

Mit Hilfe von Satelliten verfolgten sie die Reisen eines Weißen Hais, der auf verschlungenen Wegen zwischen beiden Kontinenten mehr als 19.300 Kilometer im Indischen Ozean zurücklegte.

Die Untersuchung widerlegt die bisherige Annahme, dass weibliche Weiße Haie Ozeane nicht durchquerten und betont nach Einschätzung der Wissenschaftler die Notwendigkeit internationaler Schutzmaßnahmen auch außerhalb der Küstengewässer.

"Haie haben einen Bewegungsspielraum mit dem Ausmaß eines Ozeanbeckens", sagte Barbara Block von der Stanford University.

Der Artenschutz bei Haien mache daher eine internationale Zusammenarbeit erforderlich.

Die Befunde über die Reisewege des Weißen Hais "Nicole" gehörten zu den wichtigsten Beiträgen zur Lebensweise dieser Art, erklärte Ramon Bonfil, der Hauptautor der Studie, deren Ergebnisse in der Zeitschrift Science vorgestellt werden.

"Möglicherweise müssen wir die Lebensgeschichte dieses mächtigen Fischs neu schreiben", fügte Bonfil hinzu.

Der Hai-Experte Peter Klimley von der University of California in Davis sagte, es habe bislang zwar schon genetische Hinweise auf Beziehungen zwischen den Beständen des Weißen Hais ( Carcharodon carcharias) in Australien und Afrika gegeben.

"Aber dies ist nicht dasselbe wie die Darstellung der tatsächlichen Bewegungen." Bonfil, der sich für die Wildlife Conservation Society in New York engagiert, erklärte, bisher sei allgemein angenommen worden, dass sich Haie bevorzugt in Küstennähe aufhielten.

Dies trifft allerdings auch auf 24 Weiße Haie zu, die für die Studie vor Südafrika beobachtet wurden. Nur "Nicole" - benannt nach der australischen Schauspielerin Nicole Kidman - ging auf die ganz große Reise quer über den Ozean.

Geschwindigkeitsrekord

"P12", so der wissenschaftliche Name des Rekord-Hais, war am 7. November 2003 nahe dem afrikanischen Gansbaai markiert worden.

In 99 Tagen schwamm das Tier dann durch den Indischen Ozean bis vor die Westküste Australiens. Dabei legte es den 11.100 Kilometer weiten Weg mit einer Mindestgeschwindigkeit von 4,7 Kilometern pro Stunde zurück.

Damit stellte "Nicole" einen neuen Geschwindigkeitsrekord unter allen schwimmenden Meerestieren auf.

Am 20. August 2004 sichteten die Forscher den Hai wieder am südafrikanischen Ausgangsort. Wie der Hai seinen Weg nach Australien und zurück gefunden hat, ist bislang unklar. Außer einigen flachen unterseeischen Bergen gebe es auf der Strecke keine topographischen Wegweiser.

Auswertungen der Satellitendaten ergaben, dass der Hai einen Großteil der Zeit relativ nah ­ bis maximal fünf Meter ­ unter der Oberfläche schwamm. Eventuell ermöglichte ihm dies, sich am Himmel zu orientieren.

Häufig tauchte der Hai aber auch auf Tiefen von bis zu 980 Metern ab, wobei er stellenweise einer Temperatur von nur 3,4 Grad Celsius ertrug.

Die Langstreckenwanderung sei vermutlich kein Einzelfall und lege nahe, dass es einen Austausch zwischen zwei der wichtigsten Populationen Weißer Haie gebe. Es sei denkbar, dass die Tiere zur Paarung nach Australien wandern und zur Geburt der Jungen in ihre Heimat zurückkehren, schreiben die Wissenschaftler.

Beobachtungen an anderen Weißen Haien zeigten, dass die Tiere auch vor den Küstengewässern lange Wanderungen von mehr als 2000 Kilometern unternehmen, häufig aber wieder in ihre Ausgangsgewässer zurückkehren. Die Untersuchung mache deutlich, dass das Wanderungsverhalten Weißer Haie komplexer sei als bislang angenommen.

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