Mammographie:Brustkrebs, der verschwindet

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Manche Tumore in der Brust verschwinden offenbar von selbst. Kritiker von Mammographie-Reihenuntersuchungen sehen sich deshalb bestätigt.

Werner Bartens

Der Nutzen der Mammographie ist in der Fachwelt umstritten. Eine Untersuchung aus Norwegen bestätigt die Kritiker einer Reihenuntersuchung der Brust. Die Ärzte aus Oslo zeigen im Fachblatt Archives of Internal Medicine vom heutigen Dienstag, dass mit der Mammographie Tumore entdeckt werden, die sich sonst unbemerkt wieder zurückgebildet hätten (Bd.168, S.2311, 2008).

Brustkrebs-Diagnose mit Hilfe der Mammographie. Manche Knoten verschwinden offenbar von selbst wieder. (Foto: Foto: AP)

"Zum natürlichen Verlauf von Brustkrebs gehört es wohl auch, dass einige invasive Tumorarten nicht mehr wachsen, sondern verschwinden", sagt Per-Henrik Zahl, der die Studie geleitet hat.

Die Mediziner haben den Umstand ausgenutzt, dass in Norwegen 1996 das Mammographie-Screening eingeführt wurde. Sie konnten daher mehr als 100.000 Frauen, die sich alle zwei Jahre haben untersuchen lassen, mit ähnlich vielen Frauen vergleichen, die noch nicht am Screening teilgenommen hatten. Alle Frauen waren zwischen 50 und 64 Jahre alt - das Alter, für das einige Länder Screening-Programme anbieten.

Nach sechs Jahren Beobachtungszeit nahmen alle Frauen an einem Abschluss-Screening teil. Bei dieser Untersuchung hätte man erwarten müssen, dass in den sechs Jahren in beiden Gruppen gleich viele Tumore entdeckt worden wären. Unter denjenigen, die nicht am Reihen-Röntgen teilnahmen, wurde am Studienende jedoch nur bei 1564 von 100.000 Frauen ein Brustkrebs entdeckt. Im Screeningprogramm diagnostizierten Ärzte hingegen im gleichen Zeitraum bei 1909 Frauen einen Tumor.

"Obwohl es attraktiv erscheint, Brustkrebs früh zu entdecken, bleibt der Wert der Mammographie unsicher", kommentieren der amerikanische Gesundheitswissenschaftler Robert Kaplan und Franz Porzsolt, Gesundheitsökonom an der Universität Ulm. "Wenn sich das Konzept der spontanen Remission bestätigt, sollte der bisherige Ansatz der Brustkrebsforschung und -therapie überdacht werden."

Die norwegischen Mediziner können mit ihrer Studie zwar nicht die in der Fachwelt intensiv diskutierte Frage klären, ob Mammographie-Screening dazu beiträgt, Todesfälle durch Brustkrebs zu verhindern. "Unsere Ergebnisse belegen aber den größten Schaden, der mit der Reihenuntersuchung einhergeht", sagt Per-Henrik Zahl. "Hier wird Krebs entdeckt und behandelt, der nie Beschwerden verursacht und sich zurückgebildet hätte."

© SZ vom 25.11.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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