Kosmischer Konflikt:Warnschüsse im All

Lesezeit: 2 min

Kaum befiehlt US-Präsident Bush den Abschuss eines defekten Satelliten, kündigt Peking gleich zehn Weltraum-Missionen für 2008 an. Offenbar streiten China und die USA um die Vorherrschaft im Weltraum.

Janis Vougioukas

Zehn Weltraum-Missionen plant China in diesem Jahr - mehr als je zuvor. So sollen drei Astronauten an Bord der Shenzhou VII ins All fliegen, auf dem Weg zum ersten chinesischen Weltraumspaziergang.

Die chinesischen Astronauten Fei Junlong und Nie Haisheng 2005 nach ihrem Ausflug ins All an Bord einer Shenzhou VII. Zehn Weltraum-Missionen plant China allein 2008. (Foto: Foto: Reuters)

Der Chef der Akademie für Raumfahrttechnik, Yang Baohua, sprach bei der Vorstellung des Jahresprogramms von einer "neuen Stufe" der Weltraumtechnologie.

Der Zeitpunkt der Ankündigung war nicht zufällig. In der vergangenen Woche hatte US-Präsident George W. Bush den Abschuss eines defekten Spionagesatelliten befohlen. Andernfalls würde der Satellit Anfang März in die Erdumlaufbahn eintreten.

An Bord sollen sich noch etwa 450 Kilo des giftigen Raketentreibstoffs Hydrazin befinden. Der Satellit ist so groß wie ein Schulbus. Offiziell will die US-Regierung mögliche Schäden durch den unkontrollierten Absturz verhindern.

Laut dem US-Sender CNN sollen amerikanische Kriegsschiffe im nördlichen Pazifik den Satelliten mit modifizierten Abwehrraketen vom Typ SM-3 bereits an diesem Donnerstag zerstören.

China reagierte empört. Außenamtssprecher Liu Jianchao forderte Washington auf, jede Gefahr für die Sicherheit im Weltraum zu vermeiden. Die chinesischen Medien verschwiegen jedoch, dass die Volksrepublik bereits 2007 einen ausgedienten Wettersatelliten abschossen hatte.

Es war weltweit der erste bekannte Abschuss eines Satelliten von der Erde aus. Für die kommenden 15 Jahre planen sowohl China als auch die USA sogar wieder bemannte Missionen zum Mond.

Amerika und China wetteifern um die Vorherrschaft im Weltraum - und wecken alte Erinnerungen an die Zeit des Kalten Krieges.

Damals hießen die Supermächte USA und Sowjetunion, und beide Staaten versuchten mit Milliardenaufwand, ihr Territorium bis zu den Sternen auszudehnen. Lange führte der Ostblock: Der russische Sputnik war 1957 der erste Satellit in der Erdumlaufbahn. Keine vier Jahre später umkreiste Jurij Gagarin als erster Mensch die Erde.

Und genau wie damals scheinen heute wieder alle Mittel recht zu sein, um dem eigenen Land einen Vorsprung zu verschaffen. Kürzlich verhaftete die US-Polizei den amerikanischen Staatsbürger Chung Dongfan.

Es geht nicht nur um nationale Eitelkeiten

Dem gebürtigen Chinesen wird vorgeworfen, geheime Unterlagen aus dem amerikanischen Luft- und Raumfahrtprogramm an China übermittelt zu haben, darunter auch Informationen über die Trägerrakete Delta IV und das Space Shuttle.

Es geht aber keineswegs nur um nationale Eitelkeiten. Chinesische Militärstrategen erwarten, dass die Schlachten der Zukunft auch im Weltall ausgetragen werden. Die komplette gegnerische Infrastruktur ließe sich mit einem gezielten Angriff auf Satelliten außer Gefecht setzen, spekulierte Oberst Jia Junming in seinem Buch "Weltraumkriegskampagnen".

Satellitentechnologie sei so wichtig geworden, "dass der Krieg in den Sternen nicht mehr weit entfernt ist", schrieb die Tageszeitung der Volksbefreiungsarmee.

Nach Einschätzung amerikanischer Experten liegt China derzeit noch weit zurück, technisch etwa auf dem Stand der Apollo-Missionen vor fast 50 Jahren. Dabei träumen die Chinesen schon lange vom Weltraum: Bereits während der Ming-Dynastie im 15. Jahrhundert plante der kaiserliche Gelehrte Wan Hu die erste Reise zu fremden Sternen.

Er ließ 47 Kübel mit Schießpulver füllen und an einen Stuhl binden - 47 Diener hielten Fackeln bereit und legten gleichzeitig Feuer. Die Legende sagt, Wan Hu wurde nie wieder gesehen.

© SZ vom 20.02.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: