Klimawandel:Feuer gegen die Erwärmung

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Während Politiker und Wissenschaftler in Nairobi über Treibhausgas-Emissionen diskutieren, melden US-Forscher eine überraschende Beobachtung: Waldbrände in Kanada und Sibirien mindern offenbar langfristig den Klimawandel.

Thomas Rode

Wenn die Nadelwälder der Taiga und Waldtundra in Kanada und Sibirien brennen, verdunkelt Asche den Himmel und lässt den Schnee ergrauen. Alle 80 bis 150 Jahre fressen sich Feuersbrünste durch die Wälder des Nordens, in der Borealen Zone.

Der bedeckte Schnee schmilzt schneller, und das freiwerdende Treibhausgas Kohlendioxid trägt zur Erwärmung der Atmosphäre bei.

Wie sehr dies das Klima beeinflusst, ist jedoch umstritten. Bisher hatten Forscher angenommen, dass Waldbrände die Erderwärmung verstärken.

Wissenschaftler der University of California in Irvine kommen nun jedoch für die Nordhalbkugel der Erde zum gegenteiligen Schluss. Demnach wirken Waldbrände der Erderwärmung sogar entgegen ( Science, Bd. 314, S. 1130, 2006).

Langfristig eine kühlende Wirkung

James Randerson vom Department of Earth System Science zeigt, dass zwar nach einem Feuer die globale Erwärmung zunimmt, langfristig aber eine kühlende Wirkung überwiegt. Durch Brände entstehen neue Schneeflächen, die mehr Sonnenlicht reflektieren als Waldgebiete. Schnee strahlt das Sonnenlicht in den Weltraum zurück.

Randerson und sein Team haben Messungen und Satellitendaten einer Feuersbrunst in Alaska 1999 ausgewertet. Zudem wurden Aufzeichnungen aus Landstrichen herangezogen, in denen 1987 und 1920 größere Feuer wüteten. Messungen der Sonneneinstrahlung und der Kohlendioxidaufnahme der Pflanzen zeigten, dass der Brand den Treibhauseffekt im ersten Jahr stärkte.

Im folgenden Frühjahr reflektierte die schneebedeckte Freifläche jedoch mehr Sonnenlicht als zuvor. Dann ersetzte Gras mit jungen Birken den Nadelwald. Die freie Fläche und der erhöhte Kohlendioxidbedarf junger Bäume kehrten im Laufe der Zeit den beim Brand erhöhten CO2-Ausstoß um.

Nach 60 Jahren habe das sogar leicht kühlend auf das Klima der Nordhalbkugel gewirkt, sagt Randerson. 80 Jahre nach einem Brand würde sich wieder ein Gleichgewicht einstellen, wenn Nadelwald den Laubwald verdrängt.

"Erkenntnisse erhellen viele Prozesse"

Die Vermutung, dass die globale Erwärmung mit längeren Trockenperioden zu mehr Bränden führe, wodurch mehr Kohlendioxid frei wird, was wiederum den Klimawandel verstärkt, ist nicht mehr haltbar, sagt Wolfgang Lucht vom Institut für Klimafolgenforschung in Potsdam.

"Die Erkenntnisse können zwar nicht den Klimawandel vermeiden, aber sie erhellen, wie viele Prozesse wechselwirken und Tempo und Ausmaß des Klimawandels bestimmen", sagt Lucht.

Christian Wirth vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena ist dagegen, Waldbrände der borealen Zone zu löschen: "Diese Wälder haben sich den Feuern angepasst und leben davon. Es geht bei Brandbekämpfung vor allem darum, Sachwerte zu schützen."

Randersons Fazit, dass es zur Erderwärmung beitrage, wenn Waldbrände systematisch bekämpft werden, hält Lucht jedoch für übertrieben: "Feuer ist ein natürlicher Teil der Waldökosysteme. Änderungen im Waldmanagement können wenig zum Klimaschutz beitragen." Der Mensch müsse schlicht seine eigenen Emissionen reduzieren.

© SZ vom 17.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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