Klimaveränderung:Schlüssel-Länder: Europäische Union

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Gefesselte Pioniere

Cornelia Bolesch

Countdown für die Bonner Klimakonferenz: In Den Haag werden an diesem Freitag die letzten vorbereitenden Gespräche abgeschlossen. Bisher deutet nichts auf einen Durchbruch zum globalen Klimaschutz hin.

Man befinde sich in einer "sehr schwierigen Situation", signalisierte EU-Umweltkommissarin Margot Wallström bereits nach Brüssel. Die wichtigsten offenen Fragen: Wird die japanische Regierung bereit sein, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren?

Ohne Japan wird die zum In-Kraft-Treten notwendige Mehrheit kaum zu Stande kommen. Und werden sich die Vertreter der USA an das Versprechen von Präsident George W. Bush halten, in Bonn "konstruktiv" an den Klima-Verhandlungen teilzunehmen? In Den Haag sieht es bislang noch nicht so aus.

Probleme hat die EU-Kommission auch mit dem Kompromisspapier, das der niederländische Umweltminister Jan Pronk vorbereitet hat, der auch Präsident der Klimakonferenz ist: "Herr Pronk bereitet der EU ziemlich viel Kopfschmerzen", klagt Wallström.

So schlägt Pronk offenbar vor, dass auch die Beitrittskandidaten der EU, obwohl selbst noch wirtschaftlich schwach auf der Brust, den Entwicklungsländern finanziell beim Aufbau eines wirksamen Klimaschutzes helfen sollen.

Brüssel treibt an

Wenige Wochen vor der Bonner Konferenz befindet sich die Europäische Union in einer ungemütlichen Situation. Die 15 EU-Mitgliedsstaaten wollen sich als führend im Kampf gegen die schädlichen Treibhausgase beweisen.

Doch wichtige Unterstützer fehlen noch. Außerdem ist auch die Klimaschutzpolitik der EU nicht frei von unerfüllten Versprechungen. Eigentlich sollten die Mitgliedsstaaten die Klimaschutz-Ziele durch eigene nationale Strategien erreichen, die Kommission in Brüssel sollte diesen Prozess koordinieren und durch Vorschläge für "geeignete Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene" vorantreiben. Die bisherige Aufgabenteilung sieht aber so aus: Brüssel treibt energisch an - die Mitgliedsstaaten folgen nur langsam.

Im Kyoto-Protokoll hatten sich die 15 EU-Staaten verpflichtet, bis zum Jahr 2012 die Emissionen schädlicher Gase um acht Prozent gegenüber den Werten von 1990 zu verringern. Wegen unterschiedlicher Voraussetzungen in den einzelnen Ländern einigte man sich 1998 auf eine Lastenteilung. Das heißt, einige EU-Staaten müssen mehr einsparen als acht Prozent, andere dürfen ihren Schadstoffausstoß sogar noch erhöhen.

Die jüngste Klima-Statistik weist aus, dass EU-weit der Ausstoß an Treibhausgasen gegenüber 1990 um vier Prozent zurückgegangen ist. Das ist allerdings nur auf den ersten Blick eine optimistische Meldung. Die Länder, in denen am meisten eingespart wurde - Deutschland und Großbritannien - haben ihre Ergebnisse weniger durch eigene Klimaschutz-Anstrengungen erzielt als dadurch, dass ganze Industrien, zum Beispiel in Ostdeutschland, stillgelegt wurden.

Der Trend zum hohen Energieverbrauch ist ungebrochen. Allein in den europäischen Städten ist er laut Eurostat seit 1985 um zehn Prozent gestiegen.

40 Maßnahmen, kostengünstig

"Wir müssen uns noch anstrengen", das weiß auch die EU- Umweltkommissarin. Im Juli will sie einen Vorschlag machen, wie in der Europäischen Union ein Emissionshandel funktionieren könnte. Über 40 weitere Maßnahmen zur Energieeinsparung sind in einem Klimaschutz-Programm enthalten, das ein Beratergremium der Kommission gerade vorgestellt hat. Das wichtigste Argument darin: Alle Maßnahmen seien kostengünstig, würden die Industrie also nicht übermäßig belasten.

Den Durchbruch zu einer langfristig wirksamen Klimapolitik hat die EU aber noch nicht geschafft: Die Einigung auf eine gemeinsame Energiesteuer steht noch aus. So stellte die Kommission jüngst enttäuscht fest: "Bei der Förderung einer gemeinsamen umweltfreundlichen Steuerpolitik" habe die Gemeinschaft bisher wenig Erfolg gehabt.

Seit 1997 liegt beim EU-Ministerrat ein Vorschlag der Kommission, die bestehenden Mindestsätze bei der Mineralölsteuer deutlich anzuheben und die Besteuerung auf andere Energieträger wie Kohle, Elektrizität und Erdgas auszuweiten. Doch bisher konnte die Kommission nur "Stillstand im Rat" feststellen.

Das bittere Fazit aus Brüssel: "Der Mangel an Fortschritten in diesem Bereich könnte die Fähigkeit der Gemeinschaft gefährden, ihre Zusagen im Kyoto-Protokoll einzuhalten und überhaupt in diesem Bereich der Politik aktiv zu werden".

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