Kinder in der Sonne:"Mindestens Lichtschutzfaktor 15"

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Ein Dermatologe erklärt, wie man dem Sonnenbrand bei Kindern und Babys vorbeugt.

Von Sybille Steinkohl

Die Schattenseiten der Sonne erlebt Matthias Volkenandt täglich in der Uni-Hautklinik an der Thalkirchner Straße: Dort behandelt er vor allem Patienten mit Hautkrebs, einer bösartigen Erkrankung, die kontinuierlich zunimmt. Der Dermatologieprofessor gibt Tipps, wie man Kinder vor Sonnenbränden schützt.

SZ: Einige heiße Tage hatten wir schon. Was war da in der Ambulanz los?

Volkenandt: Wir sehen noch einige Sonnenbrände, aber die Sensibilität der Bevölkerung hat sich sehr verbessert. Viele Mütter wissen heute, dass ein Sonnenbrand im Kindesalter gefährlich ist.

SZ: Warum ist das so?

Volkenandt: Die kindliche Haut ist empfänglicher für Schäden. Ein Sonnenbrand, besonders im Kindesalter, erhöht das Risiko, später Hautkrebs zu bekommen. Die Haut vergisst nichts, heißt es zu Recht. In Bayern erkrankt heute schon jeder Hundertste im Lauf seines Lebens an schwarzem Hautkrebs, dem malignen Melanom. 1960 war es nur etwa jeder Fünfhundertste.

SZ: Gibt es wissenschaftliche Studien?

Volkenandt: Es gibt große epidemiologische Studien, die retrospektiv sind: Patienten mit Hautkrebs berichten häufig, dass sie als Kinder Sonnenbrände hatten. Außerdem wurde im Labor die UV-Bestrahlung kindlicher Haut simuliert. Die Ergebnisse zeigen, dass sich danach häufiger bösartige Entartungen entwickelten als bei Erwachsenen.

SZ: Kommt es auch bei Kindern auf den Hauttyp an?

Volkenandt: Grundsätzlich gilt, dass ein dunkler Typ genetisch besser vor Hautkrebs geschützt ist als ein hellhäutiger. Am gefährlichsten ist es, wenn ein Mensch mit heller Haut in die Nähe des Äquators zieht, siehe Australien. Vorsicht ist freilich überall und bei allen Kindern geboten.

SZ: Welchen Schutz empfehlen Sie?

Volkenandt: Kinder unter einem Jahr sollen überhaupt nicht in die pralle Sonne, weil Babyhaut am empfindlichsten ist. Bei größeren Kindern, die schon herumlaufen, soll möglichst viel Haut bedeckt sein, also Hüte mit Nackenschutz, langärmelige T-Shirts, Bermudashorts.

Es können ruhig dünne Sachen sein, entscheidend ist die Webdichte des Stoffes. Ist sie ausreichend, müssen Eltern nicht extra zu teurer Kleidung mit getestetem UV-Schutz greifen. Dann gilt natürlich der australische Spruch ¸¸between eleven und three stay under a tree", also Schatten statt starker Sonnenexposition.

SZ: Und die Sonnencreme?

Volkenandt: Die unbedeckte Haut muss unbedingt mit einem Lichtschutzmittel eingecremt werden, bei Kindern mindestens Faktor 15. Die Creme soll wasserfest sein und gegen UVA- und UVB-Strahlen schützen. Das Präparat sollte nicht nur chemische Filter, sondern auch physikalische Stoffe enthalten. Das sind Mikropigmente, die das Licht wegreflektieren.

SZ: Steht das alles auf der Packung?

Volkenandt: Ja, schon. Trotzdem würde ich Sonnenschutzmittel für Kinder lieber in der Apotheke und nicht im Drogeriemarkt kaufen. Billige und ältere Präparate schützen oft nur vor den UVB-Strahlen. Außerdem verursachen sie viel häufiger Allergien als die modernen Produkte.

SZ: Kann mit der passenden Sonnencreme nichts mehr schief gehen?

Volkenandt: Leider doch, Faktor 15 bedeutet nämlich nicht, dass man fünfzehnmal länger in der Sonne bleiben sollte als ohne Lichtschutz. Zur Orientierung: Ein hellhäutiges Kind hat einen Eigenschutz von etwa zehn Minuten, mit der richtigen Sonnencreme sollte es nach, sagen wir, spätestens einer Stunde in den Schatten gehen.

Ein zweiter Fehler ist, dass die Lichtschutzcreme oft viel zu dünn aufgetragen wird. Nur bei einer ausreichenden Menge entfaltet sich der volle Schutz.

SZ: Und was tun, wenn es doch einmal zum Sonnenbrand kommt?

Volkenandt: Keine Panik, wir erleben jetzt oft aufgeregte Mütter, die sich Vorwürfe machen. Ein einzelner Sonnenbrand macht wahrscheinlich noch keinen Hautkrebs. Man sollte einen schmerzhaften Sonnenbrand mit kühlenden Umschlägen lindern und zum Hautarzt gehen. Eine Cortisoncreme hilft sehr gut und hat bei kurzem, seltenen Gebrauch keinerlei Nebenwirkungen.

© SZ vom 23.06.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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