Iran:Schneller Weg zur Bombe

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Zumindest theoretisch könnte Iran innerhalb eines Jahres genug waffenfähiges Uran anreichern, um eine Atombombe zu bauen. Darauf deuten Computersimulationen der TU Darmstadt hin.

Frank Grotelüschen

Theoretisch könnte Iran innerhalb eines Jahres genug waffenfähiges Uran für eine Atombombe anhäufen. Das legen Computersimulationen der TU Darmstadt nahe, die am Mittwoch auf der Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Berlin vorgestellt wurden.

Mahmud Ahmadinedschad bei einem Besuch in der iranischen Nuklearforschungsanlage Natans. (Foto: Foto: dpa)

Das Land besitzt nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde 3000 Zentrifugen, die bis zu 25 Kilogramm hochangereichertes Uran pro Jahr erzeugen könnten, so die Berechnung - im Prinzip genug für eine Bombe. Allerdings fragen die Experten auch, wie wirklichkeitsnah derartige Simulationen sind.

Natururan, das Iran im eigenen Land abbaut, ist nicht ohne weiteres waffentauglich. Es besteht aus zwei Sorten: 99,3 Prozent macht das weitgehend stabile Isotop Uran-238 aus, das sich nur schwer spalten lässt. Vom eigentlichen Spaltmaterial Uran-235 enthält Natururan nur 0,7 Prozent.

Für Kernreaktoren muss dieser Anteil auf 3,5 Prozent erhöht werden. Kernwaffen benötigen hoch angereichertes Uran (HEU), bei dem der Uran-235-Anteil bis zu 90 Prozent beträgt.

Dazu werden gasförmige Uranverbindungen in Zentrifugen herumgeschleudert. Das Uran-Gas wird in senkrechte Röhren gepumpt, die mit tausenden Umdrehungen pro Minute rotieren. Durch die Fliehkräfte sammelt sich das schwerere Uran-238 im äußeren Bereich der Zylinder an, das Uran-235 bleibt weiter innen.

Um den Spaltstoff effektiv anzureichern, müssen Tausende von Zentrifugen hintereinandergeschaltet werden. Dabei gibt eine Zentrifuge ihr angereichtes Uran an die nächste weiter, wo es weiter konzentriert wird. Fachleute unterscheiden zwei Generationen von Zentrifugen: die älteren P1-Modelle und die leistungsfähigere P2-Generation.

"Schwierig, diese Entwicklung zurückzudrehen"

Johanna Born von der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit (IANUS) an der TU Darmstadt hat nun versucht, die Kaskaden von Zentrifugen per Computer nachzubilden.

Sie wollte herausfinden, wie viel waffenfähiges HEU eine Zentrifugen-Farm theoretisch erzeugen kann. Dabei zeigte sich, dass in einem Standardmodus, der auf zivil zu nutzendes Reaktoruran ausgerichtet ist, wenig HEU anfällt.

Aber die Zentrifugen lassen sich auch so betreiben, dass sie für die Produktion von Waffenuran besser geeignet sind. "3000 P1-Zentrifugen könnten im optimierten Zustand bis zu 25 kg HEU pro Jahr erzeugen", sagt Born. Moderne P2-Zentrifugen, an denen Iran arbeitet, dürften sogar 85 kg pro Jahr schaffen.

"Eine Anlage mit wenigen tausend Zentrifugen könnte von einem Staat geheim betrieben werden und ist für ein Waffenprogramm womöglich höchst relevant", folgert IANUS-Chef Wolfgang Liebert.

Allerdings hat Johanna Born bei ihren Simulationen vorausgesetzt, dass sämtliche Zentrifugen reibungslos funktionieren. Das aber scheint für die 3000 Zentrifugen, die Iran derzeit besitzt, höchst unwahrscheinlich zu sein: "Die iranischen Zentrifugen laufen nicht besonders gut, die Anlage dürfte kaum 50 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit schaffen", schätzt Götz Neuneck vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg.

Trotz dieser Einschränkungen hält Wolfgang Liebert die Verbreitung der Zentrifugen für bedenklich: "Es wird schwierig, diese Entwicklung zurückzudrehen."

© SZ vom 29.02.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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