Im Kriegsfall:Regionale Atomwaffen bedrohen das Weltklima

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Vor zwanzig Jahren warnten Wissenschaftler vor einem "Atomaren Winter", sollten Ost und West ihre Nuklearwaffen benutzen. Doch auch ein begrenzter Einsatz weniger Waffen kann verheerende Folgen für das globale Klima haben.

Neue Studien deuten darauf, dass auch ein begrenzter Einsatz von nur wenigen Atomwaffen nicht nur verheerende Folgen für einzelne Regionen, sondern auch für das globale Klima haben könnte.

Explosion der ersten Wasserstoffbombe. (Foto: Foto: Reuters)

Gerade vor dem Hintergrund der Andeutungen des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert, Israel sei im Besitz von Nuklearwaffen, kommt dem Bericht eines Teams von Geophysikern besondere Bedeutung zu.

Bereits 1983 hatten die Wissenschaftler Richard P. Turco von der University of California in Los Angeles und Owen B. Toon (University of Colorado, Boulder) zusammen mit drei weiteren Forschern - darunter der inzwischen verstorbene Carl Sagan - vor den Folgen eines Krieges zwischen Ost und West mit Nuklearwaffen gewarnt.

In ihrer berühmten - aber auch umstrittenen - TTAPS-Studie beschrieben sie damals einen Atomaren Winter als mögliche Konsequenz.

Heute, angesichts neuer Erkenntnisse über die Wirkung moderner Atomwaffen auf den Planeten sowie dem wachsenden Wissen über das Weltklima gehen sie davon aus, dass ein solcher Winter erheblich länger andauern würde, als bislang angenommen.

Zusammen mit Georgiy Stenchikov und Alan Robock von der Rutgers University in New Brunswick, die ebenfalls seit den 80er Jahren an Modellen eines "Atomaren Winters" arbeiten, entwickelten die Wissenschaftler ein aktuelles Szenario mit Folgen für die Umwelt und Menschheit.

Millionen von Toten

Ihr Ergebnis, das sie jetzt auf einer Tagung der Amerikanischen Geophysikalischen Union (AGU) vorstellten, besagt, dass zum Beispiel ein regional begrenzter Atomkrieg in den USA vier Millionen Menschen töten würde, in Israel drei Millionen und in China 17 Millionen.

Rauch und Ruß aus den Atomexplosionen würde die Sonne verdunkeln und zu einem Temperatursturz führen, der Ernten zerstören und Hungernöte auslösen könnte.

Binnen eines Jahrzehnts dürften die Temperaturen den Wissenschaftlern zufolge zwar langsam wieder steigen, aber nicht die Werte vor dem Krieg erreichen. Damit werde die Vegetationszeit in Teilen von Europa, Nordamerika und Asien um rund einen Monat verkürzt.

Als weitere Folge werde die Ozonschicht um mehr als 20 Prozent schrumpfen.

Die Studie gilt als die erste überhaupt, die Klima-Effekte eines regionalen Atomkonfliktes untersucht.

Ein nicht an der neuen Studie beteiligter US-Wissenschaftler, Steve Ghan vom Pacific Northwest National Laboratory in Richland, sagte, in dem neuen Klimamodell werde die Rolle von Rauch und Ruß übertrieben.

Sie sei aber wichtig, weil sie darauf hinweise, dass ein Atomwaffenangriff ein unkalkulierbares Risiko sei und auch das Land des Angreifers nicht von den Folgen verschont bleibe.

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