Ig-Nobel-Preis 2006:Wenn Schockwellen durch Nudeln rasen

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Warum bekommen Spechte keine Kopfschmerzen? Wie oft muss man eine Gruppe von Menschen fotografieren, bis mal niemand geblinzelt hat? Auch die Ergebnisse skurriler Forschung sind eines Preises würdig.

Christopher Schrader

Warum bekommen Spechte keine Kopfschmerzen? Welcher Mist ist Mistkäfern der liebste? Wie oft muss man eine Gruppe von Menschen fotografieren, bis mal niemand geblinzelt hat?

Diese Fragen sind vielleicht weniger weltbewegend als die genetischen und kosmologischen Probleme, die jüngst mit den naturwissenschaftlichen Nobelpreisen bedacht wurden.

Aber sie sind auch preiswürdig; am Donnerstag gab es dafür in Boston die Ig-Nobel-Preise. Diese werden alljährlich vom Satire-Magazin Annals of Improbable Research verliehen; die Zeremonie hat inzwischen Kultcharakter, weil Arbeiten ausgezeichnet werden, die "erst zum Lachen, dann zum Nachdenken" anregen, so die Organisatoren.

Zum Beispiel die Sache mit den Spechten, die Forscher aus Kalifornien enträtselt haben. Schließlich klopft etwa der Helmspecht 12000-mal pro Tag; sein Körper muss jedesmal einen Aufprall ausgleichen, bei dem 1200-fache Erdbeschleunigung wirkt.

Das Tier spannt darum eine Millisekunde vor dem Aufprall die Kiefermuskeln an und leitet den Schock so vom Gehirn weg und um den Kopf herum. Diese Erkenntnis war einen Ig-Nobel-Preis für Vogelkunde wert.

Die Auszeichnung für Medizin haben Ärzte bekommen, die ihre Patienten von hartnäckigem Schluckauf geheilt haben - mit einer manuellen Massage des Rektums. Der Mathematik-Preis wiederum ging an zwei Australier für ihre Forschung zu blinzelfreien Familienfotos.

Um zu 99 Prozent sicher zu sein, dass alle Augen offen sind, sollte man mehrfach auf den Auslöser drücken, und zwar nach folgender Faustformel:

Sind weniger als 20 Menschen auf dem Foto, teilt man ihre Zahl bei gutem Licht durch drei, bei schlechtem durch zwei.

Bei Gruppen von 30 braucht man aber schon bis zu 30 Fotos und bei 50 Menschen auf dem Bild ist es eigentlich unmöglich, dass jeder mit offenen Augen in die Kamera schaut.

Als größte Leistung im Fach Physik wurde die Bruch-Kinetik trockener Spaghetti gewürdigt. Schließlich zerfallen die Nudeln in drei oder mehr Teile, wenn man versucht, sie in der Mitte durchzubrechen.

Löst sich nämlich die Spannung im ersten Bruch, rasen Schockwellen durch die Nudel, die zu weiteren Brüchen führen.

Der Geschmack von Mistkäfern

Die beiden Wissenschaftler der Curie-Universität in Paris hätten damit auch den Preis für Ernährungswissenschaft gewinnen können, aber der war schon nach Kuwait gegangen.

Dort hatten zwei Forscher den Geschmack von Mistkäfern analysiert: Die Insekten ziehen Pferdeäpfel Schafskötteln und Kameldung vor. Hundehaufen konsumierten sie nur, wenn kein Pflanzenfresser-Kot zu finden war.

Mit dem Ig-Nobel-Preis für Frieden schließlich wurde Howard Stapleton von der walisischen Firma Compound Security geehrt. Er hat ein Teenager-Abwehrsystem konstruiert, das unerträglichen Lärm erzeugt - in hohen Frequenzen, die Jugendliche hören, aber die meisten Erwachsenen nicht mehr.

Nach dem gleichen Prinzip funktionieren auch die Handy-Klingeltöne der Firma: Melden sie im Schulunterricht Anrufe oder SMS, hört's der Lehrer nicht.

© SZ vom 7.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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