Hurrikane werden stärker:Stürmischer Klimawandel

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Die katastrophale Kraft des Hurrikans "Katrina" lässt Meteorologen zu Superlativen greifen: Einer "der gewaltigsten Hurrikane mit noch nie da gewesener Stärke". Und Fachleute prophezeien, dass wegen der Erderwärmung die Stärke der Wirbelwinde zunehmen wird.

Philip Wolff

Für gewöhnlich sind Meteorologen sparsam mit wortgewaltigen Formulierungen. Doch die katastrophale Kraft des Hurrikans "Katrina" ließ sie zu Superlativen greifen.

Land unter in New Orleans. (Foto: Foto: dpa)

Noch ehe die ersten Sturm-Ausläufer die Küste überhaupt erreicht hatten, sprach der Nationale Wetterdienst von New Orleans bereits von einem "der gewaltigsten Hurrikane mit noch nie da gewesener Stärke".

Für Klimaforscher, die in größeren Zeitzusammenhängen denken, kommt diese Entwicklung hingegen nicht überraschend.

Schon "Katrinas" Vorgänger "Ivan" hatte im vergangenen Jahr mit maximalen Windstärken um die 250 Stundenkilometer eine ähnliche Kraft erreicht; auch er war zeitweise mit der höchsten Stufe 5 durch die Karibik gefegt.

"Katrina" gilt unter Experten nur als weiterer Beleg dafür, dass Stärke und Dauer der tropischen Wirbelstürme künftig zunehmen.

Der Superlativ ist noch nicht erreicht, meldet etwa der renommierte Hurrikan-Forscher Kerry Emanuel vom Massachusetts Institute of Technology.

Temperatur und Windstärke wachsen parallel

In seiner neuesten Studie hat er erstmals die Windgeschwindigkeiten sämtlicher Hurrikane seit 1950 ausgewertet, die von Flugzeugen, Sonden und Satelliten aufgezeichnet wurden. Er errechnete aus den Zahlen je einen Jahreswert und verglich die entstandene Kurve mit der Klimaerwärmung.

Sein Ergebnis: Temperatur- und Windstärkekurven laufen parallel und zeigen eine steigende Tendenz, die exakt den Treibhauseffekt widerspiegelt. Um 0,5 Grad Celsius hat sich demnach das Oberflächenwasser im tropischen Atlantik seit den siebziger Jahren erwärmt. "Schreitet diese menschengemachte Erwärmung fort, müssen wir in Zukunft mit entsprechend heftigeren Stürmen rechnen", sagt er.

Warme Meeresoberflächen nämlich sind die Geburtsstätten der Stürme - auch im Nordpazifik und in Südostasien, wo die Wirbelwinde Taifune genannt werden. Auch dort werde die Sturmstärke dank steigender Wassertemperaturen zunehmen, sagt der Klimaforscher.

Denn je wärmer das Wasser, desto mehr feuchtwarme Luft steigt auf und hinterlässt große Unterdruck-Gebiete über dem Meer, die aus allen Richtungen Luft ansaugen. Kraft und Ausdauer der so entstehenden Stürme hängen also unmittelbar von der Wärme des Meerwassers ab.

Mit Emanuels Studie sehen auch deutsche Forscher wie Michael Botzet vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie es erstmals als belegt an, dass offenbar der Klimawandel die Kraft der Hurrikane wachsen lässt.

In früheren Studien hatten Forscher versucht, allein die Häufigkeit der Wirbelwinde mit der steigenden Temperatur zu erklären.

Doch ihre Ergebnisse waren angreifbar. Schließlich hatten sich schon immer sturmstarke und -schwache Jahrzehnte natürlich abgewechselt.

Motor dieses Rhythmus ist die thermohaline Zirkulation, eine globale Strömungsschleife in den Ozeanen, ausgelöst durch Salzgehalt- und Temperaturunterschiede des Meerwassers.

Sie sorgt alle 30 Jahre für eine Erwärmung der Oberfläche im tropischen Atlantik.

40 Meter hohe Wellen

Doch gilt diese Theorie mittlerweile als zweitrangig - zumal tatsächlich in jüngster Zeit historische Sturm-Rekorde purzeln: So hatte "Ivan" im September 2004 die höchsten je gemessenen Meereswellen aufgepeitscht.

Fast 28 Meter über den Normalwasserstand türmte er manche Wasserwand, wie Sonden am Meeresgrund im Golf von Mexiko meldeten. In der Nähe der Sturmwand dürfte sich das Wasser sogar bis zu 40 Meter hoch aufgebäumt haben, schätzt der Ozeanologe David Wang vom Meeresforschungslabor der Nasa in Mississippi.

"Katrina", die noch ein wenig kräftiger ist als "Ivan", lässt nun auch die Ozeanologen neue Rekord-Ergebnisse erwarten.

© SZ vom 30. 8. 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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