Handys und Schlafstörungen:Wach durch Strahlung?

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Forscher haben angeblich nachgewiesen, dass Menschen später einschlafen, wenn sie am Abend einer Handy-Strahlung ausgesetzt sind. Tatsächlich aber sind zuverlässige Schlussfolgerung noch nicht möglich.

Christopher Schrader

Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Beschwerden der Menschen, die Handys als eine Gefahr für ihre Gesundheit ansehen. Sie werden daher eine Studie eines internationalen Forscherteams als Bestätigung auffassen.

Stört das abendliche Telefonieren den Schlaf? (Foto: Foto: iStock)

Nun schrieb die britische Zeitung Independent am Sonntag: "Strahlung von Mobiltelefonen zerstört Ihren Schlaf." Demnach haben die Forscher nachgewiesen, dass Versuchspersonen später einschlafen und weniger Zeit im Tiefschlaf verbringen, wenn sie am Abend einer Strahlung ähnlich der eines Handys am Ohr ausgesetzt sind.

Experten zweifeln jedoch an, dass die Ergebnisse aussagekräftig sind. Auch die Autoren betonen, dass ihre Daten noch bestätigt werden müssten.

Die Forscher um Bengt Arnetz, der im schwedischen Uppsala und in Michigan arbeitet, hatten 71 Freiwillige ins Labor gebeten. Sie trugen drei Stunden pro Abend ein Gestell auf dem Kopf, das einen Handy-Sender etwa zehn Zentimeter von ihrem linken Ohr fixierte. Er war an einem Abend eingeschaltet, am anderen nicht; weder die Versuchspersonen noch die Labor-Mitarbeiter wussten, wann das Gerät aktiv war.

Der Sender strahlte etwa doppelt so stark wie viele moderne Handys, lag aber deutlich unter dem Grenzwert.

Daten von März 2007

Arnetz' Team hatte die Ergebnisse bereits im März 2007 auf einer Konferenz in Peking vorgestellt. Der Aufsatz ist im Konferenzband erschienen, also ohne externe Begutachtung, die sonst in der Wissenschaft ein Qualitätsmerkmal ist.

Aus dem kurzen Text lassen sich zwei Paare von Zahlen extrahieren. Die 71 Versuchspersonen verbrachten ohne Bestrahlung 45 Minuten und mit Bestrahlung 37 Minuten pro Nacht im Tiefschlaf. Sie brauchten bei abgeschaltetem Sender im Mittel 16 Minuten zum Einschlafen, und 22 Minuten, wenn er lief.

Was andere Experten an diesen Zahlen stört: Die Ergebnisse streuten bei den Versuchspersonen so stark, dass erste Zweifel an der Aussagekraft aufkommen.

Erst ein weiterer statistischer Test zeigte, "dass die Unterschiede zwischen den Abenden mit und ohne Bestrahlung signifikant sind", sagt die Mitautorin Lena Hillert vom Karolinska-Institut in Stockholm.

Norbert Leitgeb von der Universität Graz hingegen moniert, die schwedischen Kollegen hätten nicht ausreichend dokumentiert, wie sie zu dieser Aussage gekommen sind. Auch Hillert sagt, "dass wir immer noch keine zuverlässigen Schlussfolgerung ziehen können".

Frühere Studien hatten zwar ähnliche Ergebnisse erbracht, andere aber auch festgestellt, dass die Strahlen einschläfern oder keinen Effekt auf den Schlaf haben. Leitgeb erkennt als Tendenz, dass "es einen Effekt auf den Schlaf gibt, der aber nicht gesundheitsrelevant ist".

Als besondere Pointe hatte der Independent übrigens angeführt, dass die Arnetz-Studie von einem Zusammenschluss der Handy-Hersteller finanziert worden sei.

Der Artikel stellt sie nun als "beschämt" dar: Die Organisation versuche jetzt, die Ergebnisse als "nicht beweiskräftig" abzutun. Dieser Meinung stimmen aber sogar die Autoren der Studie zu.

© SZ vom 22.01.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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