Der Geruchs- und Geschmacksinn der Deutschen ist eher unzuverlässig. Das berichten Mediziner der Universitäten Münster und Dresden.
Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler das Riech- und Schmeckvermögen von mehr als 1300 zufällig ausgewählten Männern und Frauen im Alter zwischen 25 und 75 Jahren.
Bei 18 Prozent der Versuchsteilnehmer stellten sie einen stark eingeschränkten Geruchssinn fest. Knapp vier Prozent der Probanden konnten gar nichts riechen. Ihre Ergebnisse präsentierten die Mediziner auf der Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie in München.
Auch auf ihren Geschmackssinn können sich die Bundesbürger nicht verlassen. Jeder fünfte Teilnehmer konnte nur drei oder weniger der vier getesteten Geschmacksrichtungen "süß", "sauer, ,"salzig" und "bitter" erkennen.
Die Geschmacksrichtung "umami", die fleischigen Geschmack bezeichnet wie er von der auch als Geschmacksverstärker eingesetzten Glutaminsäure verursacht wird, wurde nicht getestet, da sie in der deutschen Bevölkerung meist unbekannt ist. Der japanische Forscher Kikunae Ikeda hat als erster diese Geschmacksqualität von besonders proteinreicher Nahrung beschrieben.
Das Riechvermögen der Testpersonen untersuchten die Wissenschaftler mithilfe von Riechstiften, sogenannten "Sniffing Sticks". Die Stifte waren mit zwölf unterschiedlichen, standardisierten Duftsubstanzen, wie etwa Schokolade, Kaffee, Orange oder Rose getränkt und wurden den Teilnehmern etwa drei Sekunden lang unter die Nase gehalten.
Der Test ergab, dass mit zunehmenden Alter die Fähigkeit, verschiedene Gerüche wahrzunehmen, deutlich abnimmt. Bei Frauen war die altersbedingte Verschlechterung weniger stark ausgeprägt als bei Männern. Zudem zeigte sich, dass die weiblichen Studienteilnehmer in allen Altersgruppen wesentlich besser abschnitten als die männlichen.
Rauschen schadet dem Geruchs-, aber nicht dem Geschmackssinn
Bei den zwischen 35 und 44 Jahre alten Probanden konnten die Ärzte bei knapp dreimal so vielen Männern wie Frauen eine Hyposmie - einen eingeschränkten Geruchssinn - diagnostizieren. Riecht der Patient überhaupt nichts mehr, so leidet er unter einer Anosmie.
Während die Riech-Fähigkeit mit steigendem Alter kontinuierlich abnahm, konnten die Forscher beim Geschmackssinn weder eine Altersabhängigkeit, noch einen Unterschied zwischen beiden Geschlechtern ausmachen. Die häufige Annahme, dass Rauchen den Geschmacksinn beeinträchtigt, konnte nicht bestätigt werden.
"Wir haben bei Rauchern ein erhöhtes Risiko für eine Schädigung des Geruchs-, nicht aber des Geschmackssinns festgestellt", sagt Thomas Hummel, Leiter des Zentrums Riechen und Schmecken an der Uniklinik Dresden, der an der Studie beteiligt war. Lediglich Kettenraucher, die mehr als 20 Zigaretten pro Tag rauchten, riskierten, sich beide Sinne zu ruinieren.
Ursachen für das Versagen von Nase oder Zunge, können virale Infekte wie eine Grippe, eine starke Gehirnerschütterung oder ein Schlaganfall sein. "Bei den meisten Patienten kennen wir den Grund der Erkrankung aber nicht", sagt Orlando Guntinas-Lichius, Leiter der Universitätsklinik für Hals, Nasen- und Ohrenheilkunde in Jena.
"In seltenen Fällen können Riechstörungen auch ein Vorbote für Parkinson oder Demenz sein", sagt Klaus Berger vom Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin des Universitätsklinikums Münster und Leiter der Untersuchung.
Mit einer speziellen Riech-Therapie wollen die Mediziner den Patienten helfen. "Durch Training können wir das Geruchsvermögen animieren", sagt Hummel.
In einer Reihe von Versuchen gab der Mediziner den Probanden täglich morgens und abends für ein paar Minuten verschiedene Düfte zu riechen. Schon nach sechs Monaten hatte sich das Geruchsvermögen der Teilnehmer deutlich verbessert.