Genforschung:Das Diät-Gen für längeres Leben

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US-Forscher sind dem Geheimnis eines langen Lebens einen Schritt näher gekommen. Anhand von Fadenwürmern konnten sie ein Gen identifizieren, das die Lebenszeit um 20 bis 30 Prozent verlängert.

Wer weniger isst, lebt länger. Dieser Zusammenhang ist Wissenschaftlern schon seit Jahrzehnten bekannt. So zeigten Experimente mit Mäusen und anderen Tieren, dass eine Senkung der Nahrungszufuhr auf 70 Prozent des Normallevels das Leben der Tiere deutlich verlängerte - sie wurden 20 bis 30 Prozent älter als ihre Durchschnitts-Artgenossen.

Fadenwürmer auf Diät leben bis zu 30 Prozent länger - dank des Gens PHA-4 (Foto: Foto: dpa)

Für den Menschen würde dies ein um 15 bis 20 Jahre verlängertes Leben bedeuten. US-Forscher am Salk Institute in San Diego gingen dem Phänomen nun anhand von Gentests an Fadenwürmern (Canoerhabditis elegans) genauer nach.

In ihren Experimenten isolierten sie das Gen "PHA-4", das für die längere Lebensspanne verantwortlich zu sein scheint. Die Ergebnisse, die nun in der US-Fachzeitschrift Nature (online) veröffentlicht wurden, zeigen, dass ohne PHA-4 selbst beste Diät nicht funktioniert. Denn als die Forscher den Tieren Bakterien zu fressen gaben, die PHA-4 ausschalteten, starben die Diät-Würmer genauso früh wie ihre normal essenden Artgenossen.

Dynamische Tiere auf Diät

In einem weiteren Test manipulierten die Wissenschaftler das Gen so, dass es besonders aktiv.

Das verblüffende Ergebnis: Selbst ohne Diät lebten die Tiere 20 bis 30 Prozent länger - und mit Diät erhöhte sich die Lebenserwartung nochmals. Das Gen, so folgerten sie, hat einen direkten Einfluss auf die Lebensspanne der Würmer - und auf das Wohlbefinden.

"Besonders interessant ist, dass Tiere auf Diät dynamischer waren", sagte der Leiter der Forschergruppe Hugo Aguilaniu, "wir reden deshalb nicht nur über eine Steigerung der Lebensdauer, sondern über eine Gesundheits-Lebensspannen-Steigerung - darüber, über eine längere Zeit gesünder zu sein."

Gemeinsamkeiten zwischen Wurm und Mensch

Da Fadenwurm und Mensch, obwohl seit 600 Millionen Jahren evolutionär getrennt, Gemeinsamkeiten im Stoffwechsel haben, sehen viele Forscher das neue Gen als Durchbruch auf der Suche nach dem genetischen Jugendelixier.

"Es beantwortet uns eine Frage, die wir seit langer Zeit gestellt haben", glaubt Martin Holzenberger, Wissenschaftler am französischen Nationalinstitut für Gesundheit und medizinische Forschung. Holzenberger vermutet, dass PHA-4 möglicherweise für Enzyme verantwortlich ist, die für die Reduzierung der schädlichen Oxidation in Zellen sorgen.

Obwohl Säugetiere sehr ähnliche Gene besitzen, sieht er noch einen langen Weg, bis das Phänomen komplett erforscht ist. "Je näher wir an den Menschen herankommen, desto komplizierter wird es."

Die University of Pennsylvania will nun die Genwirkung an Mäusen erforschen - diese besitzen die gleiche Version von PHA-4, die auch im Menschen zu finden ist.

Hoffnung auf neue Medikamente

Die Resultate der Studie könnten auf lange Sicht auch neue Möglichkeiten für die Verlängerung menschlichen Lebens bieten.

Vorstellbar sind zum Beispiel Medikamente, die dem Körper eine Kalorienreduzierung vortäuschen, ohne dass der Mensch wirklich fasten muss. Allerdings müssten diese Mittel erst jahrelang auf mögliche Nebenwirkungen wie Unfruchtbarkeit getestet werden.

Eine andere, umstrittenere Möglichkeit wäre, PHA-4 bei Nutztieren in Ländern der dritten Welt zu verändern und somit aktiver zu machen. Dann könnten zum Beispiel Kühe in Zeiten von Nahrungsknappheit besser überleben und somit auch die Nahrungsversorgung der Bevölkerung verbessern.

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