Gefährliche Landung:"Ich dachte, wir verbrennen"

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Die Sojus-Kapsel, die am Samstag von der ISS zurückgekehrt ist, hat nicht nur ihren Landeplatz weit verfehlt. Die drei Astronauten wären auch beinahe umgekommen.

Christopher Schrader

Die harte Landung einer Sojus-Kapsel haben Astronauten am vergangenen Samstag offenbar nur knapp überlebt. "Die Situation war auf Messers Schneide", zitiert die russische Nachrichtenagentur Interfax einen ungenannten Raumfahrt-Spezialisten.

Die Sojus-Kapsel wurde beinahe zur tödlichen Falle für die drei Astronauten. (Foto: Foto: dpa)

Mit dem Raumschiff Sojus TMA-11 waren die Amerikanerin Peggy Whitson, der Russe Juri Malentschenko und die erste südkoreanische Astronautin, die 29-jährige Yi So Yeon, von der Internationalen Raumstation ISS zur Erde zurückgekehrt.

Yi hat auf einer Pressekonferenz nach der Landung gestanden, große Angst gehabt zu haben, als sie beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre die durch die Reibungshitze erzeugten Flammen sah. "Erst dachte ich, wir verbrennen. Doch als die anderen ruhig blieben, habe ich so getan, als sei auch bei mir alles in Ordnung."

Auch Whitson sagte später, die Landung sei "ganz schön dramatisch" gewesen. Die Kapsel war viel steiler als geplant in die Atmosphäre eingetaucht und hatte den vorgesehenen Landeplatz um 420 Kilometer verfehlt. Die Insassen waren starken Vibrationen und Stößen ausgesetzt. Die Körper der Astronauten mussten zeitweise die neunfache Erdbeschleunigung aushalten.

Offenbar ist die Sojus falsch in die Atmosphäre eingetreten. Nicht mit dem Hitzeschild zuerst, wie geplant, sondern mit der viel empfindlicheren Luke voran war sie zur Erde geflogen, wie die amerikanische Weltraumbehörde Nasa bestätigt.

Durch die Reibungshitze seien Teile der Luke verbrannt. Auch die Antenne sei zerstört worden, sodass das Raumschiff die Verbindung zur Bodenstation verlor, sagte der Sprecher der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos. Der von Interfax zitierte Experte ergänzt: "Wäre der Teil der Kapsel mit den Bremsfallschirmen auch in Mitleidenschaft gezogen worden, hätte die Besatzung nicht überlebt."

Womöglich hat sich beim Eintauchen in die Atmosphäre ein Problem wiederholt, das schon bei Sojus TMA-10 im Oktober 2007 aufgetreten war. Damit Astronauten die Erdumlaufbahn verlassen können, muss das Haupttriebwerk ihres Raumschiffs gegen die Flugrichtung gedreht werden und feuern.

Dann stößt die Landekapsel das Servicemodul mit dem Triebwerk ab, das vor dem Hitzeschild montiert ist. Womöglich gab es diesmal wie bei der vorigen Landung Probleme mit der Trennung der Module. Außerdem hatte damals ein Kurzschluss in einem Kabel den Bordcomputer angewiesen, auf ein Notprogramm umzuschalten, das eine steilere Landung vorsieht.

Roskosmos hatte daraufhin bei allen neuen Raumschiffen das Kabel ausgetauscht und die Anschlüsse der Sprengbolzen für die Trennung der Module überprüft. Doch die Kapsel, die jetzt gelandet ist, war zu dem Zeitpunkt bereits im All. Die Nasa hat den Russen aber ihr Vertrauen ausgesprochen.

Die Sojus-Raumschiffe besäßen "eingebaute Zuverlässigkeit", sagte der stellvertretende Behördenchef William Gerstenmaier. Von einer Lebensgefahr für die Astronauten habe Roskosmos der Nasa nichts gesagt.

Die knappe Landung fügt der reichen Geschichte der Sojus eine weitere Episode hinzu. 35 Probleme bei etwa 100 Flügen hatte der amerikanische Weltraum-Historiker James Oberg bereits 1997 gezählt. 1976 landete ein Raumschiff in einem See, Luke und Lufteinlass zeigten nach unten. Die Rettungsmannschaft hielt die Besatzung für tot und ließ sich Zeit, bis die Crew die Luke nach elf Stunden selbstständig öffnete.

Etliche Male gefährdete das Wetter die Landung, wie bei Sojus-24, die 1977 in einem Schneesturm niederging. Rettungsmannschaften konnten die Kapsel erst finden, nachdem ein Kosmonaut ausgestiegen war und die Antenne repariert hatte. Zweimal setzte eine Kapsel an einem Hügel auf und rollte ins Tal.

2003 brauchten Helfer mehrere Stunden, um die vom Kurs abgekommene Sojus TMA-1 zu finden. Gestorben sind bei Sojus-Landungen vier Kosmonauten: einer nach dem Versagen des Fallschirms; drei weitere erstickten, als sich im Orbit das Luftventil öffnete.

© SZ vom 24.04.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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