Freitauchen:Mit einem Atemzug

Wo andere schon dreimal ertrunken wären, zieht es Extremtaucher noch weiter in die Tiefe. Ihr Ziel: die 300-Meter-Marke.

Felix Ruhland

Auf einer Art Schlitten, mit einem Gewicht beschwert, lässt sich Herbert Nitsch an einem Stahlseil in die dunklen Abgründe des Meeres ziehen. Am 14. Juni dieses Jahres taucht er tiefer als je ein Mensch vor ihm ohne Atemgerät.

Audrey Mestre Ferreras und ihr Mann Pipin beim Freitauch-Tandem-Rekordversuch

Freitaucherin

(Foto: Foto: dpa)

Vor Spetses, einer kleinen Insel in der Ägäis, erreicht der 37 Jahre alte Österreicher um 13.36 Uhr eine Tiefe von 214 Metern - allein mit der Luft eines tiefen Atemzugs. "No-Limit" heißt dieser Extremsport, die Formel Eins des Freitauchens.

Grenzen gibt es auch für die Freitaucher, aber sie werden ständig verschoben. "Noch vor knapp 30 Jahren hielten es Mediziner für unmöglich, ohne Atemgerät tiefer als 50 Meter zu tauchen", sagt Martin Muth, Facharzt für Tauch- und Überdruckmedizin am Universitätsklinikum Ulm.

Jacques Mayol und Enzo Maiorca, zwei Pioniere dieser Sportart, korrigierten die Theorie Meter für Meter. 1976 erreichte der Franzose Mayol schließlich als erster Mensch die magische Marke von 100 Metern.

Alle 15 Meter ein Glas Martini

Mit steigender Wassertiefe nimmt der Druck zu - pro zehn Meter um ein Bar. Lastet an der Wasseroberfläche auf dem Taucher ein Druck von einem Bar, ist er 30 Meter darunter bereits viermal so hoch. Seine luftgefüllten Lungen werden auf ein Viertel ihrer Ausgangsgröße gequetscht. Ihr Volumen ist jetzt so groß wie bei maximaler Ausatmung.

Da der Brustkorb nicht in gleichem Maße verkleinert werden kann, müssten die Lungen eigentlich kollabieren, sobald der Taucher auch nur ein Stück weiter nach unten kommt. Aber mit zunehmendem Umgebungsdruck strömt Blut aus Armen und Beinen in den Brustkorb und in die Gefäße der Lunge.

Sie schwellen stark an und nehmen so viel Platz ein, dass die luftgefüllten Lungenbläschen weiter schrumpfen können. "Bis zu eineinhalb Liter Blut können so in die Gefäße gelangen und das Organ vor dem Kollaps schützen", sagt Muth. Allein dadurch lassen sich aber keine Tiefen von 100 und mehr Metern erklären.

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