Feinstaubbelastung:Berliner Luft gibt Grund zur Klage

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Seit dem 1. Januar gilt in der EU ein Grenzwert für Feinstaub, der in etlichen deutschen Städten überschritten wird. Die Deutsche Umwelthilfe will nun die Hauptstadt auf dem Rechtsweg zu Sofortmaßnahmen wie Fahrverboten zwingen.

Die Klage stützt sich auf eine neue EU-Richtlinie und soll die Stadt zwingen, Sofortmaßnahmen wie etwa Fahrverbote zur Reduzierung der gesundheitsschädlichen Partikel zu erlassen, wie Geschäftsführer Jürgen Resch sagte.

Auch in Dortmund und Düsseldorf wolle die Umwelthilfe vor den Verwaltungsgerichten Klagen betroffener Bürger unterstützen.

In Deutschland und der übrigen Europäischen Union gilt seit dem 1. Januar die Regelung, wonach der Wert von 50 Mikrogramm Staub pro Kubikmeter Luft nur an 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf.

Aus Sicht der Umwelthilfe tun Dutzende deutscher Städte zu wenig, um die Grenzwerte einzuhalten. Die EU geht laut dem Verand in einer neuen Untersuchung von mehr als 65.000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland wegen der Luftbelastung mit Feinstaub und Ozon aus.

Nach den Vorstellungen der Umwelthilfe sollen eventuelle Fahrverbote, wie sie in Italien bereits mehrfach angeordnet wurden, nur für Autos ohne Partikelfilter gelten.

Dies animiere zur Nachrüstung von Filtern, die nur wenige hundert Euro koste. Und im kommenden Jahr bekomme jeder Fahrer rund die Hälfte dieser Kosten vom Staat ersetzt.

Das im Februar 2005 verabschiedete Förderkonzept des Umweltministeriums sieht eine Förderung in Höhe von 250 Euro für die Nachrüstung von Altfahrzeugen beziehungsweise 350 Euro für Neufahrzeuge vor. Dieser Betrag soll auf die Kfz-Steuer angerechnet werden.

Städte in der Pflicht

Umweltminister Jürgen Trittin forderte im ARD-Morgenmagazin ebenfalls, die Städte müssten für eine Reduzierung der Feinpartikel sorgen.

Dabei handelt es sich vor allem um Rußpartikel aus Dieselfahrzeugen. Für die Umweltbilanz der Städte müssten gerade die Immissionswerte von Lieferwagen und generell im Anlieferungsverkehr verbessert werden.

Trittin verlangte, auch Altfahrzeuge sollten mit Partikelfiltern nachgerüstet werden, was relativ einfach sei. Die Nachrüstung könnten dann die Länder, die für die Luftreinhaltung zuständig sind, steuerlich fördern.

Zur Diskussion über eine City-Maut zur Verkehrsbeschränkung sagte der Präsident des Umweltbundesamts, Andreas Troge, er halte dies für kein geeignetes Instrument zur Reduzierung der Feinstaub-Belastung.

Zur Begründung sagte er, nur etwa ein Drittel der Belastung in den Zentren stamme aus aktuell fahrenden Dieselautos und Lastwagen. Der Rest entstehe durch Aufwirbelungen sowie Zuwehungen aus anderen Gegenden, die man lokal nicht in den Griff bekomme.

Fahrverbot in Innenstädten gefordert

Das einzige, was schnell wirke, seien komplette Fahrverbote für die Innenstädte, sagte FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich der Zeitung Die Welt.

SPD und Grüne in München zögen bereits ein generelles Fahrverbot für Fahrzeuge ohne Dieselruß-Filter im gesamten Stadtgebiet in Betracht, heißt es. Die Stadt wird voraussichtlich als erste deutsche Stadt die EU-Vorgaben gegen die Luftverschmutzung durch Feinstäube verletzen.

"Wir erwarten wahrscheinlich noch in dieser Woche die Überschreitung", sagte eine Sprecherin des städtischen Referats für Gesundheit und Umwelt.

Betroffen sei eine Messstation an der viel befahrenen Landshuter Allee. Dort wurde laut Umweltbundesamt bereits an 33 Tagen in diesem Jahr der zulässige Grenzwert für Feinstäube überschritten.

Erlaubt sind maximal 35 Überschreitungen jährlich. Wie die Referatssprecherin weiter sagte, kann die Stadt derzeit keine Gegenmaßnahmen einleiten, da ihr die rechtlichen Möglichkeiten fehlen. "Uns sind da die Hände gebunden."

Die zuständige Regierung von Oberbayern habe angekündigt, bis Mitte April über Vorschläge der Stadtverwaltung zu entscheiden. Dazu gehören der Sprecherin zufolge Umleitungen des Lkw-Verkehrs und Zufahrtsbeschränkungen für nicht schadstoffarme Lieferfahrzeuge in die Innenstadt.

EU will Verstöße nicht dauerhaft dulden

Auch die EU-Kommission beobachtet die Luftverschmutzung mit Feinstaub in Deutschland mit Sorge: Die Behörde werde eine dauerhafte Nichtbeachtung der Brüsseler Vorgaben nicht hinnehmen, zitiert Die Welt eine Sprecherin der EU-Kommission.

Blieben Maßnahmen der Städte und Kommunen zur Einhaltung der Grenzwerte aus, werde die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten.

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