FCKW aus alten Kühlschränken:Der Ozonkiller entweicht weiter

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Der Kampf gegen die FCKW gilt als Erfolgsstory. Aber in Deutschland wird der Ozonkiller aus alten Kühlschränken nur ungenügend entsorgt.

Güven Purtul

Ausgediente Kühlschränke werden in Deutschland offenbar unzureichend recycelt. Zu diesem Schluss kommt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nach einer Auswertung offizieller Zahlen der statistischen Landesämter. Der DUH zufolge beseitigen die Entsorger in Deutschland nur 37 Prozent der in den Geräten enthaltenen Schadstoffe, obwohl nach Stand der Technik 90 Prozent möglich wären.

Andere EU-Staaten wie Österreich, Luxemburg und Griechenland erreichten diese Quote. Die Ergebnisse sind brisant, denn in Altkühlschränken stecken Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Sie heizen die Atmosphäre bis zu 10.000-mal so stark auf wie die gleiche Menge des Treibhausgases CO2. Zudem schädigen FCKW die Ozonschicht und sind darum international gebannt.

Drei Millionen schrottreife Kühlschränke

Drei Millionen schrottreife Kühlschränke geben die Deutschen jährlich bei den kommunalen Sammelstellen ab. Dort werden sie von Recycling-Unternehmen abgeholt, die von den Herstellern der Geräte beauftragt und bezahlt werden. In modernen Anlagen sollen sie die FCKW aus dem Kühlkreislauf sowie den Isolierschäumen möglichst vollständig entfernen.

Durchschnittlich enthalten die Kühlmittel der DUH zufolge 127 Gramm FCKW pro Kühlgerät, der Isolierschaum aber 312 Gramm. 90Prozent davon entsprechen fast 400 Gramm. Zurückgewonnen würden im Mittel aber nur etwa 160 Gramm. Der Verbleib der restlichen FCKW sei ungeklärt.

Recycling-Firmen sagen hingegen, aus den Geräten sei nicht mehr zu gewinnen. Auch die verantwortlichen Fachbeamten zeigen sich überrascht. "So haben wir das Problem nicht eingeschätzt", sagt Christiane Schnepel vom Umweltbundesamt (UBA), "für uns sind die Zahlen nicht nachvollziehbar."

Christoph Becker, Geschäftsführer der RAL-Gütegemeinschaft, einem internationalen Zusammenschluss von Recycling-Unternehmen, weist dagegen seit Jahren auf das mangelhafte Recycling hin. Nur das Ausmaß der Misere habe ihn erstaunt.

Laut Elektroaltgeräte-Gesetz muss nach Stand der Technik recycelt werden. Die Einzelheiten regelt die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft). Sie unterscheidet zwischen den FCKW in Kühlkreislauf und Isolierschaum. Erstere müssen zu 90 Prozent wiedergewonnen werden, was nach Ansicht von Experten auch gelingt.

Für die Chemikalien im Schaum gibt die Vorschrift keine Quote vor. Würde man auch hier die 90 Prozent anwenden, müssten die Recycler aus dem Schaum durch Erhitzen und Auspressen 283 Gramm FCKW gewinnen, sagt Becker. Das schaffen sie nach den DUH-Zahlen nicht annähernd.

"Die 283 Gramm sind nur eine theoretische Annahme", sagt Schnepel, "bei den Isolierschäumen wissen wir nicht, wie viel FCKW enthalten sind." Daher könnten die Behörden auch keine Rückgewinnung von 90 Prozent vorschreiben.

"Anlass zur Prüfung"

Verantwortlich für die Umsetzung der TA-Luft und damit für die Überprüfung der Entsorgungsanlagen sind die Länder. Die DUH-Zahlen zeigen, dass die Unterschiede von Land zu Land groß sind. Während etwa in Baden-Württemberg im Jahre 2005 fast zwei Drittel der FCKW vernichtet wurden, waren es in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Bundesländern im Osten weit unter einem Drittel.

"Für uns sind die DUH-Zahlen ein Anlass zur Prüfung", sagt Norbert Salomon vom Bundesumweltministerium (BMU), "das schließt auch eine Überprüfung des Vollzugs ein." Für Dezember ist ein Fachgespräch des Bund-Länder-Arbeitskreises Immissionsschutz anberaumt. Christoph Becker dagegen glaubt nicht, dass die Defizite nur beim Vollzug liegen: "Die gesetzlichen Grundlagen reichen einfach nicht aus." Obwohl eine Rückgewinnungsquote von 90 Prozent möglich sei, schreibe die TA-Luft dies nicht vor.

"Österreich geht einen anderen Weg und kontrolliert die Mengenströme", sagt Becker, "dort muss der Recycler nachweisen, dass er mehr als 90 Prozent zurückgewinnt." Auch die DUH plädiert für eine Mengenbilanz. "Wir müssen kontrollieren, was geht rein, was kommt raus", sagt die zuständige Projektleiterin Maria Elander.

Norbert Salomon vom BMU bezweifelt hingegen, "dass diese Methode effektiver ist als die Vorschriften der TA-Luft". UBA-Expertin Schnepel verweist zudem darauf, dass die DUH-Zahlen aus den Jahren 2004 und 2005 stammen. Inzwischen dürften mehr Anlagen den Stand der Technik einhalten.

"Es dürfte eher schlimmer geworden sein", kontert Becker. "Früher bezahlten Kommunen das Recycling. Seit März 2006 sind die Hersteller von Elektrogeräten dafür verantwortlich." Dadurch habe sich der finanzielle Druck auf die Entsorger erhöht. Beckers Fazit: Die niedrigen Recyclingkosten führen zu einem katastrophalen Wettbewerb in Deutschland. "Wir brauchen verbindliche Vorgaben für die Rückgewinnung."

© SZ vom 24.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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