Erwärmung der Erde:Alarmierende Beweise

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Ein bislang unveröffentlichter Bericht des UN-Weltklimarats zeigt, dass die Folgen der globalen Erwärmung bereits auf allen Kontinenten der Erde nachweisbar sind. Demnach steigt das Risiko von Fluten überall in Europa an, in Südeuropa werden Hitzewellen prognostiziert.

Die Forscher des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) betonen, dass die Erwärmung nicht nur ein Problem ärmerer oder klimatisch exponiert gelegener Regionen bleiben wird.

Das geht aus einer bislang geheimen, der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Fassung des zweiten Teils des diesjährigen Weltklima-Berichts hervor. Demnach lebt jeder sechste Bewohner der Erde in Abhängigkeit von Frischwasser, das aus Seen oder Gletschern stammt, die gegenwärtig schwinden.

Nordamerikanische Großstädte werden wohl noch stärker unter Hitzewellen leiden als bisher. Die Besiedlung der Küsten sei auch für Industrienationen zunehmend riskant.

Negative Bilanz

Weltweit werden künftig Hunderte Millionen Menschen unmittelbar von Fluten bedroht sein. Betroffen sind besonders die Bewohner niedrig gelegener Flussdeltas in Asien, aber auch die Bevölkerung flacher Inselstaaten. In Gebirgsgebieten erwarten die Wissenschaftler, dass sich aufgrund plötzlicher Schneeschmelzen immer häufiger Wassermassen in die Täler ergießen.

Niederschläge werden sich künftig generell in die höheren Breitengrade verlagern. Der Süden Europas wird auch von Waldbränden heimgesucht werden, wohingegen sich hoch im Norden teilweise neue Chancen für die Landwirtschaft auftun.

Die ökonomische Netto-Bilanz des Klimawandels sei insgesamt jedoch negativ, sagen die IPCC-Forscher. Es wird geschätzt, dass ein Viertel aller Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht ist, falls sich die Erde um weitere 1,5 bis 2,5 Grad Celsius erwärmt - ein Wert, der auch mit schnellen CO2-Sparmaßnahmen bis zur Mitte des Jahrhunderts erreicht sein dürfte.

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte in einem Interview der SZ einen radikalen Umbau der Industriegesellschaften. Die Politik ,,drückt sich davor, die härtere Auseinandersetzung mit der Energiewirtschaft, mit der Automobilwirtschaft, mit der Industrie zu führen''.

"Die unbequeme Wahrheit ist, dass wir es vielleicht nicht schaffen"

Ein Baustein beim ,,ökologischen Umbau'' und zur Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes könne auch ein Tempolimit von130 Kilometern in der Stunde auf deutschen Autobahnen sein. Bislang hatte die Bundesregierung ein Tempolimit immer skeptisch gesehen. Auch Deutschland werde seine Klimaziele nur erreichen, wenn es mehr Energie aus erneuerbaren Quellen nutze und effizienter mit Strom, Wärme und Kraftstoffen umgehe, sagte der Umweltminister.

Zuletzt hatten Wissenschaftler mehrfach raschere Fortschritte im Klimaschutz angemahnt. Dafür müssten sich verstärkt die Vereinten Nationen einsetzen, forderte Gabriel. ,,Ich halte es für richtig, die Debatte zu verlagern, etwa auf die Ebene des Sicherheitsrates.'' Parallel werde die Bundesregierung daran arbeiten, große Schwellenländer zum verbindlichen Klimaschutz zu bewegen. Gelinge dies, würden sich auch die USA beteiligen.

Sie stehen außerhalb des Kyoto-Protokolls, in dem sich die Industriestaaten feste Minderungsziele gegeben haben. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, der Klimawandel stelle inzwischen eine ebenso große Bedrohung für die Menschheit dar wie Kriege.

Pessimistisch äußerte sich auch der Chef-Ökonom des EU-Rates in Brüssel, Klaus Gretschmann. ,,Die unbequeme Wahrheit ist, dass wir es vielleicht nicht schaffen, den Klimawandel zu stoppen'', sagte Gretschmann der SZ. Weil niemand wisse, wie sich die großen Schwellenländer wie China und Indien verhalten werden, dürfe die EU nicht nur den Treibhauseffekt bekämpfen, sondern müsse sich schon jetzt gegen Folgen eines ungebremsten Klimawandels wie Überschwemmungen und Dürren wappnen, betonte Gretschmann.

© SZ vom 3.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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