Erfindung II:Gesetzeslücke in der Optik

Lesezeit: 1 min

Ein neues Lichtmikroskop umgeht physikalische Grenzen.

Christopher Schrader

Mit dem Licht ist das so eine Sache: Ohne es kann man nichts sehen, aber mit ihm kann man nicht so genau sehen, wie man sich das vielleicht wünscht.

Lichtmikroskop (Foto: Foto: dpa)

Besonders Biologen und Mediziner erleben dieses Dilemma, wenn sie erfahren möchten, wo sich in einer lebenden Zelle interessante Proteine bilden. Die Eiweißmoleküle sind zwischen zehn und 200 Nanometer (Millionstel Millimeter) klein.

Aber im Elektronenmikroskop lässt sich nichts Lebendiges untersuchen und im besten Lichtmikroskop verschwimmen alle Strukturen unter 200 Nanometern Größe "zu einem Brei", wie Stefan Hell sagt.

Kleiner als das verwendete Licht

Der Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen hat ein Verfahren entwickelt, um das sogenannte Abbesche Gesetz auszuhebeln: Es besagt, dass kein Mikroskop Strukturen auflösen kann, die kleiner als eine halbe Wellenlänge des verwendeten Lichts sind - also bei blauem Licht eben jene 200 Nanometer.

Dafür ist Stefan Hell vom Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft Peter Gruss persönlich für den Zukunftspreis nominiert worden.

Hell hat ein Standardverfahren der Forschung verbessert. Schon seit längerem markieren Wissenschaftler in Zellen die Moleküle, die sie interessieren, mit Fluoreszenz-Farbstoffen. Ein Lichtstrahl, der das Objekt schrittweise abtastet, regt sie dann zum Leuchten an; später setzt ein Computer die Einzelbilder zur Gesamtansicht zusammen. "Aber wenn nun zwei Proteine, die Sie interessieren, im gleichen Fokuspunkt sind, können Sie die nicht auseinander halten", sagt Hell.

Reduktion auf Molekül-Größe

Er ist daher auf die Idee gekommen, nach dem anregenden Lichtstrahl einen abregenden auf das Objekt zu schicken. Dieser trifft allerdings als schmaler Ring ein, sodass nur noch die Proteine innerhalb des Rings leuchten können. Je intensiver ein Forscher das Licht des abregenden Rings einstellt, desto schmaler wird der Punkt in der Mitte, aus dem noch Fluoreszenz kommt.

"Wir können das im Prinzip bis auf Molekül-Größe reduzieren", sagt Hell. Im Experiment hat er mit der Sted-Technik (Stimulated Emission Depletion) Auflösungen von 15 bis 20 Nanometern erzielt.

Inzwischen hat der Göttinger Forscher seine Erfindung an die Firma Leica lizensiert, die im Jahr 2007 ein fertiges Gerät auf den Markt bringen möchte.

Weiter in die Zukunft weist die Idee, mit einer Variante des Verfahrens die Elektronik zu verbessern. Denn deren Hersteller nutzen Licht, um Chips zu fertigen - und leiden dabei unter dem Abbeschen Gesetz.

© SZ vom 23.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: