Energiesparlampen:Neue Leuchten für die Welt

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Auf dem EU-Gipfel mahnte Angela Merkel technische Verbesserungen an Energiesparlampen an - die Hersteller arbeiten längst daran.

Christopher Schrader

Die Dame des Hauses war wenig begeistert. Von einer Messe hatte ihr Gatte eine neuartige Glühbirne mitgebracht, ein Produkt seiner Firma, und stolz im Wohnbereich eingeschraubt.

Eine einzelne Glühbirne bringt allenfalls ein Fenster zum Leuchten. In der Summe erhellen sie jedoch ganze Metropolen, wie hier Hongkong. Energiesparlampen wären ein bedeutender Beitrag gegen den globalen Klimawandel. (Foto: Foto: Reuters)

Zu kalt sei das Licht, fand die Frau des Managers - nur in der Dunstabzugshaube über dem Herd war sie akzeptabel. Schmunzelnd erzählt Franz-Josef Bierbrauer diese Geschichte der ersten Energiesparlampe, die 1985 in seinem Haushalt brannte.

Heute ist Bierbrauer bei Osram für den Geschäftsbereich Allgemeine Beleuchtung verantwortlich, und die damaligen Einwände seiner Frau, die viele Kunden noch heute teilen, erschweren ihm das Geschäft.

Sogar die Bundeskanzlerin und Physikerin Angela Merkel erklärte soeben während des EU-Gipfels in Brüssel, die Energiesparlampen in ihrer Wohnung gäben "noch nicht so ein helles Licht", und manchmal, wenn sie etwas auf dem Boden suche, könne sie es nicht finden. Technische Verbesserungen an den Leuchtmitteln mahnte Merkel auf dem europäischen Klimagipfel an. Dabei sind diese längst in vollem Gang.

Seit einiger Zeit propagiert die Politik Energiesparlampen als Waffe im Kampf gegen den Klimawandel. Die Leuchten brauchen 80 Prozent weniger Energie, um das gleiche Licht zu geben wie herkömmliche Birnen. Bis 2009 soll die EU-Kommission einen Plan zur Förderung der Technik vorlegen, verlangten die Regierungschefs in Brüssel.

Australien will konventionelle Glühbirnen gar von 2010 an verbieten. "Seitdem bestellt der Handel verstärkt Energiesparlampen", sagt Christoph Seidel, Sprecher des Herstellers Megaman. "Der Zuwachs macht 30 Prozent aus."

Jahrelange Garantie

Derzeit stecken in weniger als einem Zehntel der Brennstellen, wie Hersteller es nennen, Energiesparlampen. Viele Kunden stehen ratlos vor den Regalen, verwirrt von ungewohnten Wattzahlen und Bauformen sowie Begriffen wie Longlife, Kaltstart, und "cool" oder "warm white".

Kein Wunder, dass sich die Vorbehalte gegen Energiesparlampen halten: Ihr Licht sei kalt, diffus und nicht dimmbar, häufiges Schalten verkürze ihrer Lebensdauer, beim Einschalten vergehe Zeit, bis sie angehen, und zwei Minuten, bis sie hell sind. Zudem schreckt der Anschaffungspreis: Markenware kostet zehn bis 20 Euro. Die Argumente der Hersteller, die Investition rechne sich nach einem Jahr, und die Produkte hielten viele Jahre, verfängt selten.

Viele der technischen Mängel plagten tatsächlich die frühen Modelle der Lampen - noch heute sind sie bei billigen Fabrikaten oft ein Problem. Etliche Fehler hat die Lampenindustrie jedoch bereits behoben; Osram zum Beispiel gibt mehrere Jahre Garantie auf seine Lampen. Andere Makel werden so weit abgestellt, wie es Technik und Physik zulassen.

Unsichtbare Infrarotstrahlung

Die wissenschaftlichen Grundprinzipien sind bei Glühbirnen und Energiesparlampen verschieden. Bei konventionellen Birnen fließt Strom durch den Wendeldraht und erhitzt ihn zum Glühen. Um die 2500 Grad Celsius wird der Metallfaden aus Wolfram heiß, aber das führt nach den Gesetzen der Physik dazu, dass der Hauptteil der abgestrahlten Leistung unsichtbare Infrarot-, also Wärmestrahlung ist.

So setzt die Lampe nur fünf Prozent der Energie in Licht um, sie erreicht einen sogenannten Lichtstrom von 13 bis 15 Lumen pro Watt elektrischer Leistung. Deshalb erscheint Glühbirnen-Licht auch eher am rötlichen Ende des sichtbaren Spektrums, was Menschen als warm empfinden.

Energiesparlampen, die je nach Bauform und Leistung zwischen 50 und 65 Lumen pro Watt abgeben, funktionieren anders. In ihrem Inneren scheidet ein Wendel bei einer Temperatur von bis zu 1500Grad Celsius Elektronen aus. Sie sausen durch das Innere der Röhre und treffen dort auf Quecksilberatome. Das erzeugt zunächst ein unsichtbares ultraviolettes Licht, erst die Innenbeschichtung der Röhre verwandelt es in sichtbares Licht.

Je nach chemischer Zusammensetzung des Leuchtstoffs auf dem Glas strahlen die Lampen in einer Farbmischung, die viele Menschen als kalt (ungewohnt viel Blau) oder wie Tageslicht empfinden (viel Grün). Erst ein Übergewicht an Rot gleicht das Farbempfinden dem in Mitteleuropa gewohnten wärmeren Ton an. Auf vielen Energiesparlampen steht darum ,,warm-white'' oder die Ziffernfolge "827", was nahezu dem Farbspektrum der Glühbirne entspricht.

Solche Lampen benötigen eine elektronische Schaltung zum Zünden; Energiesparlampen tragen eine Platine in ihrem Sockel. Mit diesen Schaltungen stellen die Lampenhersteller die Eigenschaften ihrer Produkte ein.

Das Vorschaltgerät sorgt etwa dafür, dass die Elektrode vorgewärmt und zum richtigen Zeitpunkt in der 50-Hertz-Schwingung der Netzspannung eingeschaltet wird. Zudem muss das Quecksilber angewärmt werden, damit es teilweise gasförmig ist und die Elektronen es anregen können.

Amalgam als Birnenfüllung

Für die Entwickler tut sich hier ein Zielkonflikt auf. Zünden die Lampen schonender, brauchen sie länger, um ihre Helligkeit zu erreichen, halten aber auch länger. Für solche Lampen geben Philips, Osram oder General Electric Lebensdauern von 15.000 Stunden an: mehr als vier Jahre, wenn die Lampe zehn Stunden am Tag brennt.

Stiftung Warentest hat sogar Lebensdauern von über 19.000 Stunden ermittelt. Soll die Lampe dagegen schnell Licht geben, sind 6000 bis 10.000 Stunden realistisch. Philips mischt dazu ein Amalgam in die Lampenfüllung, eine Quecksilberverbindung, die nur den Namen mit dem Zahnarztmaterial teilt. Es bewirkt, dass noch schneller gasförmiges Quecksilber bereit steht.

Osram dagegen benutzt den so genannten Sputter-Prozess an der Elektrode: Aus dem kalten Metall werden Bestandteile gerissen, die das Zünden beschleunigen; der Hersteller baut sogar extra eine "Opferelektrode" in seine Birnen, um den Materialverlust auszugleichen. Solche Lampen geben nach dem Einschalten sofort Licht und werden schnell hell.

Nach Angaben von Osram erreichen ihre Produkte nach zwei Minuten die maximale Lumenzahl, Philipslampen strahlen dem Hersteller zufolge nach einer Minute 80 Prozent der Helligkeit aus.

Noch schneller geht es mit Lampen ohne Elektroden. Hier zündet das Magnetfeld einer Spule das Leuchtgas, sie brauchen nur zehn Sekunden, bis sie ihre volle Helligkeit erreichen. Osram hat eine solche Lampe in Reflektorform bereits im Handel, als Birne kommt sie im Herbst 2007. Philips dagegen hält die Technik eher für industrielle Anwendungen geeignet als für Privathaushalte.

Dimmbare Lampen

Inzwischen haben die Hersteller auch dimmbare Energiesparlampen entwickelt, die demnächst auf den Markt kommen. Das Problem dabei ist nicht, dass die Röhren an sich nicht schwächer leuchten könnten.

"Einen Dimmer und eine Energiesparlampe zu entwickeln, die zueinander passen, ist technisch kein Problem", sagt Roland Heinz, Leiter der Lighting-Akademie bei Philips, die Kunden bei der Lichtplanung berät. Stattdessen muss sich die eingebaute Elektronik einer Energiesparlampe mit den vielen handelsüblichen Dimmern verstehen. "Das hat fünf Jahre Entwicklungsarbeit gekostet", sagt Franz-Josef Bierbrauer. Im Sockel der Osram-Lampe stecken sogar zwei statt nur einer Platine.

Mit Hilfe der Bordelektronik versuchen die Hersteller das Problem aber auch anders zu lösen: Einige Megaman-Birnen lassen sich zum Beispiel durch mehrfachen Druck auf den Schalter in vier Stufen auf Dämmerlicht dämpfen; Speziallampen anderer Fabrikate enthalten einen Lichtsensor und schalten sich so abends selbsttätig ein.

Ohnehin würden die Lampenhersteller am liebsten jeglichen Kontakt mit fremder Elektrotechnik vermeiden. Roland Heinz erscheinen Energiesparlampen daher eher als Krücke: "Wir bauen damit sozusagen perfekte Volksempfänger, aber wir könnten auch Dolby-Surround anbieten", sagt er.

Denn wenn die Elektronik aus dem Lampensockel befreit würde, könnte sie - etwas größer und weniger von der produzierten Wärme belastet - viel effektiver arbeiten und müsste auch nicht jedesmal beim Ausbrennen einer Lampe weggeworfen werden. Mit solchen Leuchten, die die Hersteller vor allem für professionelle Anwendungen längst anbieten, sind noch höhere Energieausbeuten möglich: 80 bis 100 Lumen pro Watt.

Doch in Privathaushalten, die zehn Prozent ihres Stroms für Licht aufwenden, sind eben die meisten Brennstellen mit einen Schraubgewinde ausgerüstet. "Zudem darf man Licht ja auch nicht allein auf die Ökonomie reduzieren", sagt Franz-Josef Bierbrauer.

"Das ganze Wohlbefinden bis hin zum Hormonhaushalt hängt davon ab." Darum versuchen die Hersteller, sich mit ihren Produkten den Wünschen ihrer Kunden weitgehend anzupassen. Den derzeitigen politischen Rückenwind genießen alle. "Wir können es aus den Nachbestellungen des Handels sehen", sagt Christoph Seidel von Megaman. "Anscheinend kaufen die Kunden tatsächlich vermehrt Energiesparlampen."

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