Die perfekte Mannschaft:So sehen Sieger aus

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Ein Team kann nur gut arbeiten, wenn die Mischung aus Anfängern und alten Hasen stimmt.

Von Wiebke Rögener

Erfolg hat meist mehrere Väter oder Mütter. Fast immer ist er das Ergebnis der Arbeit einer Gruppe. Wie aber muss das Dreamteam aussehen?

Alte Hasen, Newcomer: der Fußballmeister FC Bayern München verfügt wohl über eine gute Mischung. (Foto: Foto: AP)

Der Physiker Roger Guimerà von der Northwestern University in Evanston, Illinois, ging dieser Frage mit Hilfe der Netzwerktheorie nach - natürlich im Team mit Kollegen (1).

Die Forscher nahmen sich zwei Gebiete vor, für die jeweils eine große Menge Daten vorliegen:

Zum einen die Inszenierungen von mehr als 2000 Musicals, die zwischen 1877 und 1990 am Broadway aufgeführt wurden, zum anderen wissenschaftliche Publikationen in den Fachgebieten Sozialpsychologie, Ökonomie, Ökologie und Astronomie von 1955 bis 2004.

Die Teamforscher analysierten, wie sich die Gruppengröße entwickelte, wie groß der Anteil etablierter Experten und wie die Beteiligung unerfahrener Newcomer jeweils war. Auch interessierten sie sich dafür, wie stark die Mitwirkenden bei der Zusammensetzung eines neuen Teams auf bewährte Partner zurückgriffen.

Was gemeinhin angeführt wird, wenn von guten Teams die Rede ist - soziale Kompetenz, gegenseitige Ergänzung, Sympathie und Konkurrenz, kurz die ganze "Chemie" zwischen den Akteuren - blieb bei dieser Betrachtung allerdings außen vor.

Die magische Sieben

Das Ergebnis: Die optimale Teamgröße ist je nach Gebiet unterschiedlich. Sowohl in der Kunst als auch in der Forschung stieg die Zahl der Personen, die an einem Projekt beteiligt waren, im Lauf der Zeit an.

Doch schon in den späten zwanziger Jahren stellte sich heraus: Etwa sieben Leute sind genug, um ein Musical zu produzieren, die Schauspieler nicht mit eingerechnet.

Dabei blieb es bis heute. In der Welt der Wissenschaft dagegen wächst die durchschnittliche Zahl der Autoren für einen Fachartikel ungebremst. Die Anzahl der Köche, die den Brei verderben, scheint hier noch nicht erreicht zu sein. So zeichneten etwa 250Autoren für die Entzifferung des menschlichen Erbguts verantwortlich. Eine solche Zahl von Komponisten, Regisseuren, Choreografen und Produzenten auf der Bühne würde wohl jede Musicalpremiere bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verzögern.

Gemeinsam ist beiden Welten dagegen die Bedeutung der alten, erfahrenen Hasen. Zwar seien auch Neulinge wichtig, um frische Ideen ins Team zu bringen, so die Netzwerkforscher. Aber alteingesessene Experten halten die Schar zusammen und verhindern, dass sie in viele Untergrüppchen zerfällt.

Auch verfügen solche Koryphäen über vielfältige Beziehungen, und können so immer festere Netzwerke knüpfen. Besonders erfolgreich sind Teams, die immer wieder andere und neue Partner in ihre Projekte miteinbeziehen.

Dabei haben die meisten Forscher nur relativ wenige Arbeitsbeziehungen, einige wenige aber ungeheuer viele Kontakte. Manche Forscher in den Biowissenschaften publizierten innerhalb von fünf Jahren mit nicht weniger als 1000 Kollegen als Co-Autoren, ergab eine Untersuchung im vergangenen Jahr (2).

Die Intensität solch inflationärer Teamarbeit mag man bezweifeln, doch als verbindende Elemente in einem Arbeitsgebiet haben diese Kommunikatoren offenbar eine wichtige Funktion. Die Mathematik scheint dabei allerdings eine Ausnahme zu sein. Hier haben zwei Drittel aller Publikationen nur einen Autor. Ein hoher Anteil an Erfahrenen erhöht, jedenfalls nach Guimeràs Analysen, gemeinhin den Erfolg eines Teams. Gruppen mit vielen etablierten Wissenschaftlern veröffentlichten weit häufiger Artikel in renommierten Fachzeitschriften; solche, die vorwiegend aus Neulingen bestehen, publizierten eher in weniger angesehenen Blättern, führt er als Beleg an.

Die Macht des Zitierkartells

Der Organisationspsychologe Willy Kriz von der Ludwig-Maximilians-Universität München hält dieses Argument allerdings für wenig überzeugend: "Wenn Gruppen mit vielen etablierten Wissenschaftlern mehr Artikel in angesehenen Journalen veröffentlichen, muss das nicht unbedingt daran liegen, dass diese besser arbeiten oder als Team besser funktionieren", gibt er zu bedenken.

Bekannte Autoren hätten es oft leichter, Artikel in hochrangigen Zeitschriften unterzubringen. "Es ist eben nicht alles ideal in der Wissenschaft, es gibt auch Zitierkartelle, die sich gegenseitig hoch puschen", sagt Kriz. Denn über die Publikation entscheiden Gutachter aus dem jeweiligen Fachgebiet.

Sie sind nicht unbedingt eine objektive Messlatte für erfolgreiche Forschung, sondern selbst Teil des Experten-Netzwerks. Teams aus lauter Nobodys am Anfang ihrer Karriere haben es darin schwerer, auch wenn sie vielleicht ebenso gute Arbeit leisten.

Einig sind sich Kriz und Guimerá über den Nutzen erfahrener Mitglieder. "Sie können oft eine Gruppe aus vielen unterschiedlichen Leuten besser moderieren", sagt Kriz. "Außerdem verfügen sie über viele Kontakte, die für die Arbeit oft hilfreich sind."

Doch kann auch ein Team aus lauter Newcomern, die sich gegenseitig ergänzen, gut funktionieren - vor allem wenn es gute Beziehungen zur nächsten Hierarchie-Ebene gibt, das Team also etwa einen angesehenen Fürsprecher hat. Wichtiger als der optimale Anteil von Autoritäten und Greenhorns ist es Kriz zufolge, dass die Teammitglieder zusammenpassen. Er betont: "Man muss die richtigen Anfänger und die richtigen Experten zusammenbringen, sie sollen sich von den Fähigkeiten, aber auch von ihrer Art her ergänzen."

(1) Science, Bd. 308, S. 697, 2005 (2) PNAS, Bd.101, S.5200, 2004

© SZ vom 3.5.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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